Wollen die Malteser ein Leben retten, müssen sie erst einmal die Scheibe ihres Einsatzfahrzeuges freikratzen. Und ob im Winter der Defibrillator anspringt, ist auch noch Glücksache. Hört sich bizarr an, ist aber Alltag für die Helfer der Ortsgruppe Filder.

Leinfelden - Als der Notruf bei den Maltesern eingeht, wollen die Einsatzkräfte sich sofort auf den Weg machen. Doch bevor die Helfer zu ihrem Einsatzort fahren können, gilt erst mal eines: Das Fahrzeug vom Schnee befreien und Scheiben freikratzen. Der Wagen mit dem Blaulicht steht nämlich in keiner Garage, sondern mitten im Wohngebiet. Das führt zu Verzögerungen, in Momenten, in denen Minuten über Leben und Tod bestimmen können.

 

Die Ortsgruppe Filder der Malteser hat ihren Stützpunkt in Leinfelden. Dort treffen sich die Ehrenämtler im Wohnzimmer von Felicitas Leich, der Bereitschaftsleiterin, zu Besprechungen. Von dort aus fahren sie auch zu den Einsätzen. Die Ortsgruppe ist nicht nur im Sanitätsdienst aktiv, sondern bildet auch den sogenannten Jackpoint-T: eine Spezialeinheit für den Bevölkerungsschutz. Das bedeutet, sie rückt aus, wenn mehr als zehn Leute in Gefahr sind.

Alle Aufrufe liefen bisher ins Leere

In der Vergangenheit war das zum Beispiel beim Großunfall auf der B27 im Januar, bei dem ein Vater und sein Sohn getötet und 15 weitere Personen teils schwer verletzt wurden, der Fall. Aber auch wenn am Flughafen der Großalarm los geht, weil eine Maschine eine Notlage meldet, rücken die Helfer aus – viele davon ehrenamtlich.

„Wir wollen Menschen in Notlagen unterstützen“, sagt Leich. Doch dabei stehe der Gruppe im Weg, dass sie keinerlei Räumlichkeiten, geschweige denn eine Garage für ihren Wagen zur Verfügung hat. Nach Räumen sucht die Gruppe schon seit ihrer Gründung 2015, bisher jedoch erfolglos.

Aufrufe im Amtsblatt, auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken liefen ins Leere. Zwar bekamen sie ein paar Angebote, doch das Richtige war noch nicht dabei. „Uns wurden Tiefgaragenstellplätze angeboten, was mit einem VW-Bus mit Sirene aber nicht möglich ist.“

Dadurch, dass das Auto dem Wetter ausgesetzt ist, leiden die Geräte. „Der Defibrillator streikt im Winter, wenn es zu kalt ist“, sagt Leich. Wenn ein Mensch wiederbelebt werden muss, ist man auf das Gerät angewiesen. Und auch die medizinische Ausstattung, wie zum Beispiel die Infusionsbeutel, vertrage die Kälte nicht.

Bevor die Helfer ausrücken können, müssen sie einen Parkplatz suchen

Im schlimmsten Fall kann das Fahrzeug nicht ausrücken: „Das Problem ist, wenn das Auto zugefroren ist. Wir haben die Türen schon mal nicht aufbekommen. Das ist ein enormer Zeitverlust, bis wir an der Unfallstelle ankommen“, sagt Leich.

Die Helfer leiden unter der Situation, sagt der Rettungssanitäter Falko Langner. „Es ist eine enorme Belastung.“ Nicht nur, dass sich die Einsatzkräfte oft im Freien neben dem Fahrzeug umziehen müssen, wenn sie beispielsweise von der Arbeit aus zu einem Einsatz gerufen werden. Die Helfer müssen ihre Einsatzkleidung in ihrem Privatauto lagern. Mit dem fahren sie bei einem Notruf dann zum Einsatzfahrzeug. „Der ein oder andere kann nicht helfen, weil er mit dem Fahrrad unterwegs ist“, sagt Sven Berger von den Maltesern. Denn dann müsse derjenige ja erst mal mit dem Fahrrad zu seinem privaten Auto radeln, worin die Kleidung lagert.

Die jetzige Lösung ist nicht für die Ewigkeit

Und irgendwo müssen die Helfer ihr privates Auto ja auch abstellen. Wenn jeder Helfer, der mit auf den Einsatz fährt, erst mal einen Parkplatz in der Umgebung des Einsatzwagens sucht, kostet das wieder wertvolle Zeit – und die Nerven der Anwohner. Denn die Parkplatzsituation in Leinfelden ist angespannt. Wenn da dann ständig der orange-weiße Wagen Anwohnerparkplätze belegt, zeigen sich die Anwohner wenig froh. Da klebe auch mal ein Zettel am Einsatzfahrzeug, dass dieser Parkplätze blockiere, berichtet Falko Langner. „Es gibt Anwohner, die sich genervt fühlen. Einerseits verstehe ich das. Aber andererseits ist es nur unsere Priorität, helfen zu wollen.“

Dass der Einsatzwagen im Wohngebiet parkt und sich die Einsatzkräfte im Freien in ihre Einsatzkleidung werfen, ist keine Lösung für die Ewigkeit, sagt Michael Leich, der ebenfalls bei den Maltesern aktiv ist: „Offiziell ist es eine Interimslösung.“ Damit die Malteser ihrer Arbeit nachkommen können, braucht es bald eine Unterkunft – damit sie statt Scheiben freizukratzen Leben retten können.

Bitte um Hilfe

Die Ortsgruppe Filder der Malteser sucht dringend nach einer Unterkunft. Wichtig ist vor allem ein Stellplatz für das Einsatzfahrzeug. Dieses passt nicht in eine handelsübliche Tiefgarage, da der VW-Bus mit Antenne und Blaulichtbalken zu hoch und zu breit ist. Die Malteser brauchen eine Garage mit Stromanschluss, bestenfalls gibt es auch die Möglichkeit, dort eine Umkleide zu errichten. Zudem suchen sie einen Raum für Schulungen und Besprechungen. Wer den Helfern helfen kann, soll sich per Mail an felicitas.leich@malteser.org an sie wenden.