Seit Freitag steht ein 38-Jähriger aus Ditzingen vor dem Stuttgarter Landgericht. Es geht um Betrug, Erpressung, Geldwäsche und Drogengeschäfte. Der Mann schweigt zu den Taten – und kündigt an, dass sich alles aufklären werde.

Ditzingen - Einen Prozess wie den gegen Sebastian S. dürfte auch die erfahrene 17. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts nicht alle Tage vor sich haben. Zahlreiche Zeugen, viele Geschädigte, unzählige Delikte aus unterschiedlichen Kapiteln des Strafgesetzbuchs: bis in den August hinein wird der Prozess gegen den 38-Jährigen die Richter beschäftigen.

 

Allein die Verlesung der Anklage zum Auftakt dauerte rund 45 Minuten. Dabei zeichnete der Staatsanwalt das Bild eines Mannes, der offenbar mit allen Mitteln versuchte, an Geld zu kommen – an möglichst viel Geld. Mehr als 100 Delikte umfasst die Akte, darunter allein mehr als 20 Fälle von gewerbsmäßigem Betrug, dutzende Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehr als 50 Fälle von Geldwäsche, dazu Erpressung, Versuche von räuberischer Erpressung, unerlaubter Waffenbesitz, Nötigung, Urkundenfälschung und der Besitz von Kinderpornos.

Die Anklage spricht von mehr als 20 Betrugsfällen

Begangen haben soll der 38-Jährige die Straftaten in den vergangenen Jahren, vor allem über diverse Unternehmen, die er leitete oder an denen er beteiligt war. So soll er über Jahre teure Autos geleast haben, um diese angeblich an Mitarbeiter seiner Ditzinger Firma zu vergeben. Tatsächlich habe der Angeklagte die Autos aber vermietet – hauptsächlich an Mitglieder krimineller Organisationen, besonders in Frankreich, sagte der Staatsanwalt.

Drogenbosse hätten ihm für die Autos Geld bezahlt, das der Angeklagte auf Konten seiner Firmen in Deutschland eingezahlt haben soll. Neben dem Vorwurf, dass Geld gewaschen worden sei, handelt es sich laut den Ermittlern dabei auch um Versicherungsbetrug: Denn die Versicherungen hätten augenscheinlich nichts davon gewusst, dass nicht die Angestellten des Angeklagten mit den Autos (darunter Porsche, Lamborghini und Aston Martin) gefahren seien, sondern dass die Fahrzeuge stattdessen vermietet worden seien. Allein den Versicherungen entstand so der Anklage zufolge über die Jahre ein Schaden von gut 600 000 Euro.

Neben den Luxuskarossen seien auch Kredite eine Einnahmequelle von Sebastian S. gewesen. Er habe sein Geld zu teils horrenden Zinsen verliehen. Schuldner, die nicht mehr zahlen konnten, seien bedroht worden. Der Angeklagte, der in Untersuchungshaft sitzt, wollte sich zum Auftakt nicht äußern, kündigte aber eine Aussage später im Verfahren an. Seine Verteidiger verlasen eine Erklärung: Aus Sicht ihres Mandanten seien die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft „nicht haltbar“.

2009 gewann der Angeklagte einen Preis mit seinem Unternehmen

Auch zu seinem Werdegang wollte Sebastian S. nichts sagen – dabei ist dieser durchaus interessant. So gewann der damals angehende Jurist im Jahr 2009 mit seiner Firma F+S Finanzmanagement in Ditzingen einen renommierten Preis: Die Werner-Bonhoff-Stiftung verlieh ihm den „Werner-Bonhoff-Preis wider den §§-Dschungel“. Begründet wurde die Entscheidung damals damit, dass sich S. juristisch gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zur Wehr gesetzt hatte. Dabei hatte S. erreicht, dass er mit seinem Unternehmen Kredite an andere Firmen vergeben durfte, was ihm die Bafin zunächst untersagt hatte. Der Preisträger stehe „für die Pflege des kritischen Unternehmertums“, hieß es damals.