Der zweite und letzte Bauabschnitt des Bahnhofsareals in Ditzingen ist in der Umsetzung. Drei Gebäude werden entstehen. Der junge Gastronom, der einzieht, verrät etwas von seinem Konzept, und das Wohnhaus wird ganz schön hoch.

Ditzingen - Die Baugrube ist ausgehoben, nun entsteht der Rohbau: Die Umgestaltung und Neubebauung des Ditzinger Bahnhofsareals und jetzt konkret der Bau der geplanten drei Gebäude haben einen, so die Stadtverwaltung, „weiteren Meilenstein“ genommen: Am Dienstag war die Grundsteinlegung für das Gleiskarree. Auf dem zweiten Bauabschnitt, ein Grundstück von rund 4700 Quadratmetern östlich des historischen Bahnhofsgebäudes, stehen bald zwei Geschäftshäuser und ein Wohnhaus.

 

„Wir wollen in unseren Gebäuden Leben haben“, sagte Stephan Anderl, der bei dem Münchener Investor Real I.S. verantwortlich für die Vermietungen ist. Deshalb entstehen in dem Quartier sowohl Wohnungen als auch Handel- und Dienstleistungsflächen sowie Büro- und Praxisräume. Stephan Anderl zeigt sich, ebenso wie der Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos), optimistisch, dass sich die Räumlichkeiten füllen werden. Der Dreiklang aus Lage, Attraktivität und Flexibilität bei der Gestaltung der Mietflächen sei der beste Schutz vor Leerstand, ist Stephan Anderl überzeugt. Darüber hinaus werde das Areal keine Betonwüste: Mehr als die Hälfte der Fläche werde grün sein und für jeden frei zugänglich. Und die drei Gebäude würden nach dem Standard „Green Building“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zertifiziert.

Gastronom wagt Schritt in die Selbstständigkeit

Die ersten Mietverträge seien schon geschlossen oder würden kurz vor dem Abschluss stehen, sagte Stephan Anderl. Was bereits offiziell ist: Im Erdgeschoss des Wohnhauses mit acht Geschossen und einer Höhe von gut 22 Metern zieht das Restaurant von Epifanio Cardelia ein. Der 33-jährige Ditzinger wagt mit der Eröffnung den Schritt in die Selbstständigkeit. Was die Bevölkerung erwartet? Epifanio Cardelia verrät nur so viel – „sonst ist der Überraschungseffekt weg“: Italienische Küche mit einer „schönen Terrasse“ und „Showcooking“. Dabei sieht der Gast, wie sein Essen zubereitet wird. Auch werde er Frühstück anbieten, sagte Epifanio Cardelia.

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Das Gleiskarree wird voraussichtlich im Laufe des zweiten Quartals 2023 fertig. Wie viel Geld die Real I.S. investiert, darüber herrscht Schweigen. Im Oktober 2018, als der Investor und die Stadt Ditzingen den Kaufvertrag für das Grundstück besiegelten, war die Rede von rund 22,5 Millionen Euro. Die Höhe des Kaufpreises blieb stets geheim.

Wohnhaus für Ditzinger Verhältnisse hoch

Dagegen spricht der Ditzinger Rathauschef offen übers Geld. Viereinhalb Millionen Euro investiert die Stadt demnach in den zweiten Bauabschnitt. Für das gesamte Bahnhofsareal werden es wohl circa zehn Millionen Euro sein. Das Gelände sei einer der zentralen Orte in der Stadt, die Eingangstür zur Stadt, sagte Michael Makurath. An dem „hochfrequentierten Platz“ würden täglich allein 7000 bis 8000 Menschen ankommen und abfahren.

Am Bahnhof habe „erheblicher Handlungsbedarf“ bestanden, die Deutsche Bahn mit dem Gelände keine Pläne gehabt. „Das Wohnhaus ist ein für Ditzingen hohes Gebäude, aber ein Hingucker“, findet Michael Makurath. Er ist heilfroh, dort weiteren dringend benötigten Wohnraum schaffen zu können. Der Lärmschutz sei gewährleistet, am Bahnhof zu wohnen „hochattraktiv“. Das Projekt Gleiskarree komme zur richtigen Zeit, sagte der Rathauschef mit Blick auf die Coronakrise, in der es wirtschaftlich aber wieder aufwärts geht. Er hoffe, dass sich in den Gebäuden die Mischung aus verschiedenen Nutzungen realisieren lasse.

Auch die Stadt hat noch Projekte

Im Osten des Bahnhofsareals geht also weiter, was im Westen bereits geschafft ist: Seit dem Jahr 2016 sind der Zentrale Omnibusbahnhof und die Gebäude des ersten Bauabschnitts – das Einkaufszentrum mit Parkhaus sowie daneben mit gläserner und grüner Fassade der Drogeriemarkt Müller samt Büroflächen – fertiggestellt.

Auch die Stadt hat noch einige Arbeiten zu erledigen: Zum Beispiel wird der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet, wobei die stattliche Platane als markanter Baum erhalten bleiben soll. Mit dem künftigen Quartiersplatz auf dem Dach der Tiefgarage mit 76 Stellplätzen ist laut der Stadt ein Bereich vorgesehen, der zum Verweilen einlade. Geplant sind auch eine öffentliche WC-Anlage, mehr Fahrradabstellflächen und -boxen.

Chronik eines Mammutprojekts

Der Anlass
 Die Ditzinger suchen eine Lösung für zwei zentrale Probleme ihrer Stadt: Um den Individualverkehr zu minimieren soll der öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden. Zudem bescheinigt eine Untersuchung den Ditzingern einen hohen Kaufkraftabfluss: Die Ditzinger gehen lieber auswärts einkaufen als in der eigenen Stadt. Zur Stärkung des Ditzinger Einzelhandels sollen Pendler künftig einerseits direkt am Bahnhof die Möglichkeit erhalten, einzukaufen. Zudem sollen sie durch eine attraktive Wegeverbindung auch aus dem angrenzenden Gewerbegebiet über das Bahnhofsareal in die Innenstadt geleitet werden – um auch dort einzukaufen.

Der Beginn
Seit Beginn des neuen Jahrtausends hatte sich die Stadt Ditzingen bemüht, die Grundstücke im Bereich des Bahnhofes zu erwerben. Mit der Umstrukturierung der Gleisanlagen im Bahnhof wurden Teile der Gleisanlagen frei, 2006 wurde das Areal Teil eines Sanierungsgebietes. Die Flächen des viereinhalb Hektar großen Areals befinden sich überwiegend im Eigentum von Stadt und Deutscher Bahn.

Die Fortsetzung
Seit 13 Jahren arbeitet die Stadt an der Neustrukturierung des Areals. Im Jahr 2016 wurde der Zentrale Omnibusbahnhof seiner Bestimmung übergeben. Es entstanden zudem Bahnhofcenter und Parkhaus, die neue Unterführung ist im Bau.