Sie tragen Camp David und Funktionskleidung, auf ihrer italienischen Pizza fehlt Gouda und im französischen Bergdorf sind sie die ersten, die ihren SUV vor der Aussichtsterrasse parken: Eine Glosse über deutsche Touristen.

Stuttgart - Ein verwunschenes Bergdorf in Südfrankreich: Die Luft ist klar, das Licht flimmert und der schmale Weg aus patinierten Steinen schlängelt sich an blühendem Oleander und Ginsterbüschen vorbei zu einem Dorf, das einer idyllischen Festung gleicht. Der kurvige Weg verspricht einen traumhaften Ausblick auf das grüne Tal und die Weinbaugebiete. Was könnte diese romantische Stimmung noch versüßen? Ein Porsche Cayenne natürlich! Krachend, schwerfällig und mit Mutter-Vater-Kind-Passagieren beladen, bahnt sich der keuchende SUV seinen Weg durch die malerische Landschaft, verscheucht auf seiner Fahrt nach oben alle Insekten, Spaziergänger und jegliches Flair. Kennzeichen? Stuttgart!

 

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Man möchte die entnervte SUV-Familie geradezu trösten, denn ihr sagenhafter Aufstieg ist nur von kurzer Dauer. Nach nur vier Minuten, einem gewagten Wendemanöver vor den Toren des Dorfes inklusive bösen Blicken der Einheimischen, muss das schwarze Ungetüm seinen Rückzug antreten: Parken verboten!

Funktionskleidung im Partnerlook

Deutsche im Inland sind so eine Sache – aber die Liebe zu diesem außergewöhnlichen und leidgeprüften Volk erwächst erst so richtig, wenn der Bundesbürger im Ausland weilt. Der Deutsche liebt Urlaube. Sein Koffer ist sorgfältig gepackt, die Funktionskleidung liebevoll zusammengelegt und die Notfallapotheke wurde schon vor Wochen auf den neuesten Stand gebracht. Woher man das weiß? Nun ja, man muss sich lediglich in ein Straßencafé am Campo de’ Fiori setzen, schon erzählen die Tischnachbarn von ihren Erlebnissen am Flughafen und dem schäbigen Hotel. Zum Glück haben sie ihre Kissenbezüge von daheim mitgebracht.

Lang lebe das Klischee

Klischees von Handtüchern auf Sonnenliegen, Wandersandalen inklusive atmungsaktiver Socken und Junggesellen-Abschieds-Truppen, die in so manchem Land als zweiter Einmarsch empfunden werden, machen die Deutschen zu den beliebtesten Reisenden – natürlich rein subjektiv. Wenn die FC-Bayern-Flagge in Italien von jedem Campingplatz weht und man die deutsche Mutter – natürlich mittleres Management – schon von weitem mit ihrem Mann – nicht mittleres Management – über den richtigen Lichtschutzfaktor diskutieren hört, weiß man, dass man sein schmerzvolles Heimweh getrost vergessen kann.

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Keine Spur von Heimweh

Gibt es etwas heimeligeres als die deutsche Gemütlichkeit, die einem dank bundesdeutscher Touristen in verlassenen Dörfern, auf abgelegenen Inseln und selbst im tiefsten Wald daran erinnert, dass man gar nicht wirklich im Ausland ist? Wenn Dirk, Ingeborg und Friedrich sich im Souvenir-Shops um den schönsten Kühlschrankmagneten streiten, alles desinfiziert wird, was nicht bei drei auf der nächsten Palme ist und selbst in Mailand nicht auf den klassischen beige-karierten Partnerlook verzichtet wird, weiß man, dass die unbändige Sehnsucht nach der Fremde auch nur überbewertet wird. Schmerzendes Heimweh? Ne, nicht mit uns!