Mit dem Handy ein Selbstporträt machen, während eines Toten gedacht wird? Ja, das gibt es, und zwar öfter, als man denkt. Bei der Trauerfeier für Nelson Mandela knipsten sich drei Staatschefs selbst – die Krönung für einen ganzen Tumblr voller Beerdigungs-Selfies.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Johannesburg - Spätestens seit „Selfie“ zum „Wort des Jahres“ gewählt wurde, weiß auch der Durchschnitts-Smartphonenutzer um die beliebten Selbstporträts. Selfies sind auch deshalb so beliebt, weil sie fast immer gehen. Nur bei Beerdigungen, da gehen sie nicht. Möchte man meinen.

 

Drei westliche Regierungschefs haben die Welt in Johannesburg eines Besseren belehrt. Man muss zwar ein Auge zudrücken, weil die Trauerfeier für Nelson Mandela keine Beerdigung und auch insgesamt ein eher lebhaftes Ereignis war. Trotzdem fragen sich viele Internetnutzer, ob ein Selfie okay ist, wenn gerade eines Toten gedacht wird.

US-Präsident Barack Obama, der britische Premier David Cameron und die dänische Regierungschefin Helle Thorning Schmidt hatten bei ihrem Souvenir-Selbstporträt ausweislich der von der Agentur AFP verbreiteten Fotos jedenfalls ziemlich viel Spaß. Und das Internet wäre nicht das Internet, wenn es zu Selfies bei Beerdigungen nicht längst einen gleichnamigen Tumblr gäbe.

Jason Feifer betrieb seit Ende Oktober „Selfies at Funerals“ – ein Tumblr, den er eigentlich schon Mitte November geschlossen, aber als Statement gegen Handy-Selbstporträts von Beerdigungen im Netz belassen hatte. Wegen des Obama/Cameron/Schmidt-Selfies veröffentlichte Feifer aber einen allerletzten Post – und kommentierte auch einen Obama-Tweet, der angesichts des Selfie-Fotos tatsächlich ein wenig heuchlerisch wirkt:

Möglich, dass „Selfies at Funerals“ irgendwann mal in eine Kulturgeschichte des Internets eingehen wird. Solange ist der Tumblr eine ziemlich aufschlussreiche, schwarzhumorige Zusammenstellung von Internet-Fundstücken – nicht nur für all jene, die selbst diese Grundregel nicht verstanden haben: keine Selfies bei Beerdigungen!