Eigentlich war er Jazz-Musiker, berühmt wurde Manfred Mann aber mit schmissigen Pop- und Rocksongs wie „Do Wah Diddy Diddy“ und „Ha! Ha! Said the Clown“. Den Erfolg habe er dem Talent anderer zu verdanken, sagt der Keyboarder, der am 21. Oktober seinen 80. Geburtstag feiert.

London - Mit launigen Ohrwürmern wie „Do Wah Diddy Diddy“ oder „Mighty Quinn“ toppten Manfred Mann und seine gleichnamige Band in den 60er Jahren Jahren die Charts. In den 70ern gelang ihm mit Manfred Mann’s Earth Band sein größter Hit „Blinded by the Light“. Keinen dieser Songs hat er selbst geschrieben. „Ich bin nicht so talentiert“, sagte der Musiker kurz vor seinem 80. Geburtstag (21. 10.). „Ich bin ein ziemlich guter Keyboarder und ein sehr guter musikalischer Arrangeur, aber ich bin kein guter Songwriter.“

 

Manns Erfolgsrezept: Er nahm sich kaum beachtete Lieder hochkarätiger Songwriter vor und arrangierte sie neu. „Mighty Quinn“ stammt von Bob Dylan, „Blinded by the Light“ war Bruce Springsteenserste Single. „Beide haben ihre Songs auf eine sehr persönliche und einzigartige Weise aufgenommen“, erklärt Mann. „Darum ist es möglich, sie in ein einfacheres melodisches Format zu verwandeln.“ Manns Versionen wurden eingängiger, radiofreundlicher und erfolgreicher als die Originale.

Manfred Mann hat das Talent, musikalisch Komplexes einfach und effektvoll zu arrangieren

Er ruft aus Helsingborg an. Seine Ehefrau ist Schwedin. Wegen des Brexits bemüht sich der Brite in Schweden gerade um eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Geboren wurde er in Südafrika als Manfred Sepse Lubowitz. Am 21. Oktober 1940 kam er in Johannesburg zur Welt.

Nach dem Musikstudium jobbte er als zunächst als Jazz-Pianist. 1961 wanderte er aus, weil er das Apartheidsregime ablehnte. „Viele meiner Freunde und auch ich dachten, dass wir keine Zukunft in einem Land haben, das so geführt wird“, sagt er. In London schrieb er unter dem Pseudonym Manfred Manne, benannt nach dem Jazz-Musiker Shelly Manne, für die „Jazz News“. Aus Manne wurde irgendwann Mann.

Mit dem Multiinstrumentalisten Mike Hugg gründete er die Mann-Hugg Blues Brothers, die sich in Manfred Mann & The Manfreds und auf Drängen ihres Produzenten schließlich in Manfred Mann umbenannten. „Do Wah Diddy Diddy“ war 1964 der erste Nummer-Eins-Hit. Mit „Pretty Flamingo“, „Ha! Ha! Said the Clown“ oder „My Name is Jack“ war die Gruppe auch in Deutschland Dauergast in der Hitparade.

„Der einzige Grund, warum ich erfolgreich war in einer Welt voller Leute, die viel mehr Talent hatten als ich, war, dass ich wirklich gutes Material für die Aufnahmen genutzt habe“, resümiert Mann, der irgendwann unzufrieden wurde. 1969 löste er die Band auf. „Die Hits wurden immer mehr zu seichter Popmusik. Und als Musiker gab es noch andere Dinge. Wir haben aufgehört, solange wir erfolgreich waren.“

1971 wurde Manfred Mann’s Earth Band gegründet

Es folgte ein kurzer Ausflug ins Jazzrock-Genre mit der Kombo Manfred Mann Chapter Three, die aus einigen Manfred-Mann-Mitgliedern bestand und zwei experimentelle Alben aufnahm. „Wir hatten zu viele Regeln, das war das Problem“, erinnert sich Mann. „Kein Gitarrist, und wir schreiben alle Songs selbst, wahrscheinlich hatten wir deshalb keinen Erfolg. Wir hätten keine Regeln aufstellen sollen.“

1971 gründete der Namensgeber eine neue Band, die anfangs ebenfalls Manfred Mann hieß, bevor sie in Manfred Mann’s Earth Band umbenannt wurde. Nun setzte er wieder auf Kompositionen anderer Künstler: Randy Newman, Dr. John und eben Springsteen. „Ich hätte nie einen so guten Song wie „Blinded by the Light“ schreiben können“, meint Mann. Seine bombastisch arrangierte Version der ursprünglich eher unspektakulären Springsteen-Nummer schaffte es 1976 an die Spitze der US-Charts.

In Europa verkauften sich Ende der 70er Jahre auch die Singles „Davy’s on the Road again“ und „Don’t kill it, Carol“ gut. Auf der Live-Scheibe „Budapest Live“ von 1984 ist Manfred Mann’s Earth Band in Bestform zu hören. Bis 1996 nahm die Gruppe mehr als ein Dutzend Studioalben auf. Daneben veröffentlichte Manfred Mann drei sehr unterschiedliche Solowerke, zuletzt das gewöhnungsbedürftige „Lone Arranger“ (2014).

Die Mitglieder der 60er-Jahre-Band spielen bis heute als The Manfreds die alten Hits – ohne ihren Gründer

Kurios: Die Originalmitglieder der 60er-Jahre-Band Manfred Mann fanden sich in den 90ern ohne ihn zusammen - unter dem Namen The Manfreds spielen sie bis heute Konzerte mit den alten Hits. „Ich finde es gut, dass sie davon leben“, so Mann, der verfügte, dass die Ex-Kollegen nicht den vollen Namen Manfred Mann nutzen dürfen. Dennoch findet er: „Sie sollten mit den alten Platten ihr Geld verdienen können.“

Er selbst ging bis zur Corona-Krise noch regelmäßig mit Manfred Mann’s Earth Band auf Tournee. Sobald es wieder möglich ist, will er wieder Konzerte geben, insgesamt allerdings etwas kürzer treten. Auch neue Musik ist in Arbeit. „Es dauert ewig. Es gibt heutzutage zu viele Möglichkeiten am Computer“, klagt er. „Das verwirrt mich nur.“

Auf seine lange Karriere schaut Manfred Mann etwas ungläubig zurück. „Ich finde nicht, dass ich irgendwas schrecklich Wunderbares gemacht habe, und ich finde es erstaunlich, dass ich überhaupt Erfolg hatte“, sagt er bescheiden. In den vergangenen 20 Jahren habe ihm die Musik mehr Spaß gemacht, weil er sich nicht mehr um seinen Erfolg sorgen musste. „Ich bin jetzt glücklicher, weil ich keinen Druck mehr habe.“

Seinen 80. Geburtstag will der vielfache Großvater, der ansonsten zwischen Helsingborg und London pendelt, ganz in Ruhe verbringen. „Das einzig Gute an der Pandemie ist, dass es keine große Feier gibt und nichts Besonderes stattfindet“, sagt Manfred Mann. „Ich werde so gut wie nichts machen.“