Karl-Heinz Münch, der Vater der Mango-Aktion, geht in Rente. In 26 Jahren hat er fast zwei Millionen Euro für Schulen in Burkina Faso gesammelt.

Böblingen - Offiziell hat Karl-Heinz Münch am morgigen Freitag seinen letzten Arbeitstag. Nach 35 Jahren als Leiter der evangelischen Erwachsenenbildung im Kreis Böblingen geht er in den Ruhestand. Doch inoffiziell endet sein Dienst erst im Mai – wenn dann die diesjährige Mangoaktion abgeschlossen ist. Einmalig in Deutschland ist dieses Projekt „Tausche Mangos gegen Schule“, das Karl-Heinz Münch vor 26 Jahren mit einigen Mitstreitern ins Leben gerufen hat.

 

Seither werden einmal im Jahr im Kreis Mangos aus Burkina Faso verkauft. Mit dem Erlös werden Lehrer kirchlicher Schulen in dem afrikanischen Land sowie der Bau von Schulküchen bezahlt, die den Kindern eine warme Mahlzeit pro Tag garantieren. Die Idee dazu entstand 1988 bei einer Reise in den Partnerschaftskirchenbezirk in Burkina Faso. Die Partnerschaft war 1970 geknüpft worden, dümpelte aber vor sich hin, als Münch neun Jahre später die Leitung des Böblinger Hauses der Begegnung übernahm. Er begann, die Beziehungen zu intensivieren, organisierte Reisen in das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt.

Bei der Reise der Kirchengemeindemitglieder im Jahr 1988 war auch die Sindelfingerin Gisela Winkler dabei. Damals hatte die burkinische Regierung gerade ihre Zuschüsse für die kirchlichen Schulen gekappt und Winkler und Münch überlegten, wie sie helfen könnten. „Wir saßen unter einem Mangobaum und sahen die vielen Früchte, die herunterfielen und die die Leute nicht alle essen und verwerten konnten“, erzählt Münch. Da kam ihnen die zündende Idee: „Wir verkaufen die bei uns.“

Mangos waren damals hierzulande noch weitgehend unbekannt. Zudem seien die burkinischen Früchte nicht mit denen in den Supermärkten zu vergleichen, sagt Münch. „Das ist eine ganz besondere Sorte, die bekommen sie hier nicht: süß und saftig.“

Mit 5000 Mangos fing 1989 alles an, im vorigen Jahr waren es fast 100 000 Früchte, die innerhalb von zwei Wochen an mehr als 100 Verkaufsstellen im Kreis den ehrenamtlichen Helfern fast aus den Händen gerissen wurden. „Die Mango-Aktion ist mittlerweile für viele ein fester Punkt im Jahreslauf: im Dezember den Adventskranz, im Mai die Mangos“, so Münch.

Aus den umgerechnet mehr als 3000 Euro Erlös im Anfangsjahr wurden bis heute insgesamt fast 1,7 Millionen Euro, die nach Burkina Faso flossen. Damit wurden eine Schule, Schulbrunnen und -küchen gebaut, in denen 450 000 Mahlzeiten für 3000 Kinder zubereitet werden sowie etliche Lehrergehälter finanziert.

In Burkina Faso wohnt er stets im Busch

30 Mal ist Münch, Vater von drei erwachsenen Kindern, in dem afrikanischen Land gewesen, hat Französisch für seine Aufenthalte gebüffelt. Hotels mit westlichem Komfort lehnt er ab. „Ich wohne immer im Busch in den Hütten der einfachen Leute.“ Dort legt sich der Sozialpädagoge „zum Schlafen auf den nackten Boden“ und duscht „mit einem halben Eimer Wasser hinter einem Verschlag, in dem zehn Zentimeter neben mir die Kakerlaken in der Wand sitzen“. Ja, so zu leben, und sei es nur für einige Tage, das koste Überwindung. „Aber nur so kann ich den Menschen auf Augenhöhe begegnen.“

Diese Aufenthalte in Afrika haben Münch geprägt. „Ich werfe kein Essen mehr weg, seit ich gesehen habe, dass in Afrika alles, aber auch wirklich alles verwertet wird.“ Selbst in Straßenrestaurants ständen die Amen neben den Tischen und warteten auf die Reste auf den Tellern der Gäste.

Kleidung trägt der 63-Jährige, „bis sie auseinander fällt“. In Altkleidersammlungen will er nichts geben: „Diese gehen nach Afrika und machen die dortige Textilindustrie kaputt.“ Dieses Bewusstsein, das sich der gebürtige Pfälzer bei seinen Reisen erworben hat, versucht er auch in seinen Kursen weiterzugeben. „Mir ist es wichtig, die Zusammenhänge zu erklären, wie sich unser Verhalten hier auf das Leben in anderen Kontinenten auswirkt.“

Die kommende Mango-Aktion im Mai wird die letzte von Münch sein. Doch er weiß, dass seine Arbeit weitergeht. Ihn selbst wird Afrika so schnell nicht loslassen. „Ich habe einen Koffer in Burkina Faso.“ Dort ist Münchs zweites Zuhause.