Ein 39-jähriger Mann prügelt immer wieder auf Menschen ein. Jetzt muss das Landgericht Stuttgart entscheiden, ob er in die Psychiatrie eingewiesen wird.

Stuttgart - Auf den ersten Blick sieht der Mann, der von zwei Pflegern in den Gerichtssaal geführt wird, nicht gefährlich aus. Dann fällt der Blick auf die Handschließen, die zusätzlich an einem Bauchgurt fixiert sind. Solche Fesselungen werden gemeinhin nur unberechenbaren Schwerkriminellen angelegt. Ein solcher ist der 39-jährige Stuttgarter nicht.

 

Der Mann, der von sich selbst sagt, er sei Privatier, prügelt immer wieder unvermittelt auf Menschen ein, wobei er keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern macht. „Wenn ich unter emotionalen Stress gerate, rutscht mir die Hand aus“, sagt der Beschuldigte. So wie Anfang April 2017. Es waren drei Monate vergangen seit seinem letzten Haarschnitt. Seine Stammfrisörin in dem Salon im Stuttgarter Westen war aber nicht da. Zudem sei der Laden voll gewesen, was den Mann unter besagten emotionalen Stress setzte. „Und da ist mir die Hand ausgerutscht“, sagt er. Tatsächlich drosch er einer Mitarbeiterin die Faust ins Gesicht. Als man ihn festhalten wollte, setze es weitere Schläge. Einer Polizeiobermeisterin trat er dann auch noch gegen das Knie. Und auch auf dem Revier blieb der Beschuldigte renitent.

Polizei konnte ihn kaum bändigen

So läuft das meistens bei dem berufslosen Mann ab. Anfang Oktober 2017 wollte er einen Wasenbummel machen. Ein Sicherheitsmann verwehrte ihm den Zutritt, weil er eine Trinkflasche dabei hatte. „Da ist mir die Hand ausgerutscht“, sagt er wieder vor der 18. Strafkammer des Landgerichts. Tatsächlich war seine Faust im Gesicht des Ordners gelandet. Die alarmierten Polizeibeamten konnten ihn auf der Wasen-Wache kaum bändigen. Die weiteren Ausfälle: Einem Mitarbeiter in einem Computerladen schlug er ins Gesicht, beim Augenarzt attackierte er eine Arzthelferin.

Auch in diesen Fällen scheint der Beschuldigte schlicht überfordert gewesen zu sein. Im Laden war ihm das Internet erklärt worden, er als „Nichtversteher“, wie er selbst sagt, sei unter Stress geraten. Die Arzthelferin bot ihm eine Augenuntersuchung an, die er hätte selbst bezahlen müssen – Stress. „Und da ist mir dann die Hand ausgerutscht.“

Deshalb bleiben die Hände des Mannes, der laut Staatsanwältin an einer paranoiden Schizophrenie leidet, auch während der Verhandlung fixiert. Das bleibe aus Sicherheitsgründen auch so, sagt Manuela Haußmann, Vorsitzende Richterin der 18. Strafkammer.

Auch in der Psychiatrie schlug er zu

Bereits im Alter von 18 Jahren hatte sich die psychische Erkrankung des Mannes gezeigt. Eine „Pubertätsdepression“ habe man ihm damals attestiert, sagt er. Die Lehre bei einem alteingesessenen Stuttgarter Kaufhaus schaffte er nicht. Immer wieder verbrachte er Zeit in psychiatrischen Einrichtungen.

Letzten Sommer habe er eine Frau in einem Discounter kennengelernt, erzählt er. Seine Mutter sei seit Jahren tot, es sei Zeit für eine „neue Beziehung“. Er habe die Frau aber nicht mehr treffen können, weil die Polizei ihn im Dezember 2018 abgeholt habe. Seither ist der 39-Jährige Patient in der Psychiatrie in Weissenau. Und auch dort hat er schon zugeschlagen.

Ob der Beschuldigte regelmäßig seine Medikamente genommen hat, als er noch in Freiheit war, ist unklar. Jedenfalls werde er aggressiv ohne Tabletten, sagt er selbst. Ob er glaubt, dass er krank sei? „Schizophrenie oder so“, sagt er. Der Prozess wird fortgesetzt.