Nach einem schweren Unfall in einer Tempo-30-Zone in Mannheim zeigt sich ein 23 Jahre alter Fahrer vor dem Amtsgericht reumütig und einsichtig. Vor einem Jahr gab er sich im Internet noch unbeeindruckt von dem Geschehen.

Mannheim - Monatelang hat der junge Mann mit seinem ebenso PS- wie lautstarken Maserati die Mannheimer Innenstadt und ihre Bewohner in Unruhe versetzt. Sechsmal schon hatte ihn die Polizei wegen diverser Verkehrsdelikte angezeigt, die Behörde hatte ihm bereits den Führerschein entzogen, als es vor einem Jahr, am 28. Januar kurz vor 1 Uhr nachts, dann richtig krachte: Mitten auf der Fressgasse, einer einspurigen Straße mit Tempo-30 in der Mannheimer Innenstadt, war der damals 22-Jährige dreimal so schnell unterwegs wie erlaubt.

 

Obwohl er im letzten Moment noch bremste, erwischte er den VW-Caddy eines langsam aus einer Seitenstraße kommenden Gastwirts am vorderen Kotflügel. Mit mindestens 86 Stundenkilometern und einem lauten Knall donnerte er gegen dessen Vorderachse. Während die abgerissenen Fahrzeugteile die Straße entlang schlitterten, drehte sich der Maserati um 90 Grad, er prallte nacheinander gegen fünf Autos am Straßenrand, die dabei ineinander und gegen eine Hauswand geschoben wurden – ehe er schließlich schrottreif an der Stahlumrandung eines Baums zum Stehen kam. Wegen dieses Unfalls wurde der inzwischen 23 Jahre alte Mann vom Mannheimer Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt – und: er kann erst wieder nach zwei Jahren einen Führerschein beantragen.

Fahrer zeigte sich damals von Unfall unbeeindruckt

„Aus Sicht des Caddyfahrers war der Unfall nicht zu verhindern“, stellte ein Sachverständiger beim Prozess vor dem Amtsgericht fest. Wenn der Maserati dessen Auto statt an der Vorderachse etwas weiter hinten an der Fahrertür getroffen hätte, „wäre ein tödliches Ende der Unfalls wohl nicht auszuschließen gewesen. Sicher aber hätten die Insassen sehr schwere und schwerste Verletzungen davon getragen“, erklärte er. Tatsächlich kam der Fahrer mit dem Schrecken davon, sein Beifahrer erlitt lediglich Prellungen am Unterschenkel und ein Halswirbel-Trauma.

Der Fahrer selbst, der mit seiner Familie in Heidelberg lebt, zeigte sich damals von dem Geschehen weitgehend unbeeindruckt. Schon kurz nach dem Unfall präsentierte er im Internet sein nächstes „PS-Monster“: einen geleasten Ferrari. Und im März entdeckte ihn dann ein Polizist in Zivil unweit vom Mannheimer Marktplatz erneut ohne Führerschein am Steuer – diesmal in einem Smart.

Gericht: Viel Glück gehabt

Wegen zweimaligen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Straßenverkehrsgefährdung und gefährlicher Körperverletzung musste er sich vor Gericht verantworten. Bei der nur einen Vormittag dauernden Verhandlung waren sich alle Prozessbeteiligten, dass dem Angeklagten selbst und seine beiden Unfallopfern „nur durch viel Glück“ nicht mehr passiert war. „Es war wirklich Russisch Roulette und in keiner Weise steuerbar“, was er gemacht hat, sagte der Staatsanwalt. „Sie selbst hätten zu Tode kommen können, und wir alle können uns vorstellen, was passiert wäre, wenn ein Fußgänger zwischen einem der Fahrzeuge und einer Hauswand eingeklemmt worden wäre“, sagte der Vorsitzende Richter.

Angeklagter: Ich habe damals Fehler gemacht

Der inzwischen 23-jährige Beschuldigte zeigte sich betont reumütig und einsichtig. Er sei damals „sehr aktiv“ gewesen, habe ein falsches Umfeld, Gewaltprobleme und Schwierigkeiten mit seiner Freundin gehabt. „Die Aggressivität habe ich im Straßenverkehr ausgelassen“, sagte er. „Ich habe Fehler begangen, ich wollte cool sein“, sagte er. „Es sollte wohl so passieren, dass ich mein Leben ändere“. Inzwischen sei er in psychologischer Behandlung, um sein „problematisches Verhalten aufzuarbeiten“. Er habe eine Anstellung in der Shisha-Bar seiner Schwester, im Herbst werde er eine Ausbildung als Versicherungskaufmann beginnen. Ausdrücklich und mehrfach entschuldigte er sich bei dem Caddy-Fahrer, der das, noch im Gerichtssaal per Handschlag akzeptierte.

Am Ende waren sich der Staatsanwalt, der Verteidiger und das Gericht einig, dass die Bewährung und die Führerscheinsperre ausreichen. Zwar habe der Angeklagte schon ein längeres Vorstrafenregister, sagte der Richter, dabei handle es sich aber überwiegend um „jugendliche Verfehlungen“. Offensichtlich habe bei ihm ein Reifeprozess begonnen, man könne ihm daher eine positive Sozialprognose stellen.

Eine Szene rund um schnelle Autos

Kontrollen

Im Kampf gegen Poser überprüfte die Mannheimer Polizei im vergangenen Jahr insgesamt 1284 Fahrzeuge – daraus resultierten 20 Strafanzeigen und 294 Ordnungswidrigkeitsanzeigen. 112 Poser-Fahrzeuge wurden aus dem Verkehr gezogen. 79 Poser erhielten wegen unnötigen Lärmens ein Verwarnungsgeld. Gegen 32 Poser sprach die Polizei Platzverweise aus.

Treffen

Die oftmals lautstarken Treffen von Tuning-Fans sorgen nicht nur in Mannheim, sondern auch in Singen am Bodensee schon länger für Ärger – momentan ist es in der Stadt aber vergleichsweise ruhig. Das liegt offenbar nicht nur an den kalten Temperaturen: „So lange Salz auf der Straße liegt, haben sie ihr ,Heilig’s Blechle’ in der Garage stehen“, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Die Beamten gingen davon aus, dass die Autofans sich ab Karfreitag – den sie „Carfreitag“ nennen – wieder treffen werden.