Der Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger schreibt tiefrote Zahlen. Der Vorstandschef Per Utnegaard kündigt ein Jahr des Übergangs an. Offen ist, was am Ende übrig bleibt.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Der Mann aus dem hohen Norden will auch den Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger neu einnorden: „Vor uns liegt ein anspruchsvolles Jahr 2016“, erklärte der Norweger Per Utnegaard bei einem ersten Rückblick auf das vergangene Geschäftsjahr. Die Zahlen, die der Vorstandschef vorlegte, waren ebenso neu wie miserabel. Zwar stiegen Gesamtleistung und Auftragseingang an – doch, was allgemein gerne als „Einmaleffekt“ aus der Bilanz wegretuschiert wird, verhagelte das Ergebnis: Abschreibungen auf das Kraftwerksgeschäft, Verluste in eben diesem sowie Aufwendungen für die Restrukturierung des Konzerns und die Aufarbeitung von Compliance-Fällen führen zu einem Minus beim Konzernergebnis von nicht weniger als 489 Millionen Euro.

 

Bestechungsvorwürfe bei der Auftragsvergabe für die WM

Bei den noch keineswegs aus der Welt geschafften Compliance-Fällen handelt es sich um Vorwürfe wegen Bestechlichkeit bei der Vergabe von Arbeiten für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. Sollten sie sich bewahrheiten, wäre das für Bilfinger zwar höchst unangenehm, aber keineswegs das größte Problem. Schwerwiegender ist, dass die gesamte Zukunft des Konzern in den Sternen steht. Zwar wurde die Leistung im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gesteigert, die Aufträge legten vor allem dank der Immobiliendienstleistungen sogar um 24 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro zu. Doch was wie ein Lichtblick wirkt, ist keineswegs fester Grund für den Konzern.

Das Kraftwerksgeschäft wollen die Mannheimer liebend gerne abgeben, mit Interessenten sei man im Gespräch, sagt ein Sprecher, im Unternehmen wird es unter der Rubrik nicht fortzuführende Aktivitäten gehandelt. Im vergangenen Jahr waren dafür 330 Millionen Euro abgeschrieben worden, weil der Wert des gesamten Bereichs herabgestuft werden musste. Die Leistung sank um elf Prozent auf 1,2 Milliarden Euro, die Auftragseingänge nahmen in ähnlicher Größenordnung ab. Durch Verluste bei Projekten und nicht ausgelastete Aktivitäten rutsche dieser Bereich in die roten Zahlen. Zwar fließt wegen all dem zunächst kein Geld aus dem Konzern ab – die Frage aber, wer dieses Geschäft gerade im Zeichen der Energiewende zu welchem Preis kauft, bleibt offen.

Dies gilt auch für eine andere der drei Sparten von Bilfinger, im Firmenjargon Building and Facility genannt. Auch dafür gib es nach Konzernangaben Interessenten. „Ob wir das dann auch tun, wissen wir noch nicht“, sagt der Sprecher. Dabei handelt es sich teilweise um den Bau, besonders aber um die Wartung und das Management von Immobilien. Zu den Kunden gehören dem Vernehmen nach etwa BASF und die Deutsche Bank. Die Leistung stieg immerhin um neun Prozent auf 2,9 Milliarden Euro, dank Großaufträgen legten die Orders sogar um 57 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro zu, das Ergebnis ist deutlich positiv. Doch auch dieser Bereich steht nach dem Willen von Utnegard auf dem Prüfstand. Dabei war es gerade die Wartung und Bewirtschaftung von Immobilien, mit der Bilfinger, damals noch Bilfinger & Berger, in neue Zeiten aufbrechen wollte.

Dienstleistungen statt Steine lautete die Devise

Geld mit Dienstleistungen zu verdienen statt Stein auf Stein zu setzen, schien der Weg in die Zukunft zu sein. Das hatte seinerzeit der Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner propagiert, das setzte auch sein Nachfolger, der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch, bei seinem vorübergehenden Aufenthalt auf dem Vorstandssessel fort. Was bliebe, sollten beide Sparten Käufer finden, wäre der Industriebereich, die größte Einzelsparte. Die Leistung hier sank leicht auf 3,6 Milliarden Euro, die Auftragseingänge blieben konstant bei 3,3 Milliarden Euro, der Bereich schreibt schwarze Zahlen. Frei von Problemen ist er aber nicht. Bilfinger macht Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in den unterschiedlichsten Industriebereichen – doch mancherorts leidet die Nachfrage.