Der Mannheimer Energieversorger MVV setzt auf erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung. Das hat einige Zeit die Bilanz belastet, beginnt sich aber langsam auszuzahlen. Die neuen Anlagen des Konzerns sind so innovativ, dass sie sogar auf königliches Interesse stoßen.

Frankfurt - Manchmal bekommen auch Energieversorger glamourösen Besuch: Der Mannheimer MVV jedenfalls ist das im Juli diesen Jahres widerfahren, als Vorstandschef Georg Müller den britischen Thronfolger Prinz Charles im neuen Müllkraftwerk des Unternehmens im südenglischen Plymouth begrüßen durfte. Das Heizkraftwerk verwertet pro Jahr rund 245 000 Tonnen Abfälle aus Haushalten, Gewerbe und Industrie und erzeugt daraus Strom und Wärme für die benachbarte Marinewerft. Bei seinem Besuch durfte der Prinz den riesigen Müllkran ausprobieren und zeigte sich kindlich begeistert darüber – zumindest zitiert ihn der „Plymouth Herald“ mit den Worten: „Das könnte ich stundenlang machen“.

 

Plymouth und das Biomassekraftwerk in Ridham Dock östlich von London, wo MVV Restholz aus der Metropolregion verwertet, sind zwei der Neuanlagen des Versorgers, die im abgelaufenen Geschäftsjahr (30. September) in Betrieb gegangen sind. Hinzu kamen zwei Windparks im baden-württembergischen Freudenberg und im oberfränkischen Landkreis Kronach. Diese Inbetriebnahmen und die Integration der beiden Ökoenergie-Projektentwickler Juwi und Windwärts in die MVV bezeichnete Müller am Dienstag bei der Bilanzvorlage in Frankfurt als besonders prägend für zurückliegende Geschäftsjahr. Alleine in die Anlage in Plymouth hat MVV 250 Millionen Euro investiert – die größte Einzelinvestition in erneuerbare Energien des Unternehmens, wie Müller betonte.

Insgesamt sieht der Vorstandschef, der seit dem überraschenden Ausscheiden von Personalchef Udo Bekker im Herbst auch dessen Funktion erfüllt, das einzige börsennotierte Stadtwerk auf einem guten Weg: Die Ergebnisdelle der vergangenen Jahre sei überwunden, die 2014/15 eingetretene Trendumkehr sei kein Einmaleffekt gewesen. Dazu beigetragen hat auch, dass die mehrheitliche Tochter Juwi, wie erhofft, das Ergebnis im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht mehr belastet sondern um 23 Millionen Euro gemehrt hat. „Unsere konsequente strategische Ausrichtung auf das Energiesystem der Zukunft trägt nachhaltig Früchte“, betonte Müller. Freuen wird das nicht zuletzt die Aktionäre, allen voran die Stadt Mannheim, die mit 50,1 Prozent Hauptaktionär der MVV ist. Die EnBW hält 22,5 Prozent und die Rheinenergie 16,3 Prozent. Der Rest befindet sich im Streubesitz. Der Hauptversammlung soll eine konstant bleibende Dividende von 90 Cent vorgeschlagen werden.

Für das seit Oktober laufende Geschäftsjahr erwartet MVV einen leichten Anstieg bei Umsatz und Gewinn, „auch wenn wir nicht jedes Jahr in diesem Umfang neue Anlagen in Betrieb nehmen und neue Beteiligungen integrieren können“. Dennoch will MVV die Investitionen hoch halten. Im Mittelpunkt dürfte dabei das Küstenkraftwerk Kiel stehen, das mit 20 gasbetrieben Kraftwerksmodulen Strom und Wärme erzeugen und damit eine Primärenergieausbeute von mehr als 90 Prozent erreichen soll. Der Bau, der ein Kohlekraftwerk ersetzt, hatte fast ein Jahr auf Eis gelegen, weil die politischen Rahmenbedingungen für die Kraft-Wärme-Kopplung lange ungeklärt waren. In Betrieb gehen wird Kiel deshalb erst im Herbst 2018.