Petra Rühls Manufaktur Los Oliveros ist hierzulande eine Seltenheit. Die Schorndorferin verarbeitet das Holz uralter Olivenbäume zu robusten Schalen, Brettern und Besteck.

Zur Sommerzeit steht Petra Rühl unzählige Stunden an der Schleifmaschine. Mit immer feinerem Schleifpapier glättet sie zum x-ten Mal die Oberfläche einer Schale oder rundet geduldig ein ums andere Mal die Kanten eines Kochlöffels ab, bis der feine Holzstaub in Form kleiner Wolken durch ihre Werkstatt in Schorndorf-Miedelsbach (Rems-Murr-Kreis) schwebt. Während der Arbeit fragt sie sich oft, wie alt das Stück Olivenholz in ihren Händen wohl sein mag und was der Baum erlebt hat.

 

Zwischen 400 und 800 Jahre alt sind die Stämme, die Petra Rühl in ihrer Olivenholz-Manufaktur „Los Oliveros“ – zu Deutsch „Die Olivenholzleute“ – zu Gebrauchsgegenständen wie Salat- und Obstschalen, Vasen oder Mörsern verarbeitet. Diese sind nicht nur praktisch und äußerst haltbar, sondern auch schön anzuschauen – und jedes Stück sieht etwas anders aus.

Dank des sorgfältigen Feinschliffs, für den die Miedelsbacherin Unmengen von Schleifpapier verschiedenster Körnung verbraucht, liegen die Kochlöffel und Pfannenwender gut in der Hand, verführen die glatten Oberflächen der gemaserten Schneidebretter und Schalen zum Anfassen und Darüberstreichen. Denn Petra Rühls Devise lautet: „Wir schleifen, bis es sich anfühlt wie Marmor.“

Olivenholz braucht viel Geduld bei der Verarbeitung

Lauter Unikate: Jede Schale sieht anders aus. Foto: Gottfried Stoppel

Mit diesem Gestein haben die Stämme, die Petra Rühl in einem zur Werkstatt umfunktionierten Pferdestall im Metzlinsweiler Hof verarbeitet, noch manch anderes gemeinsam. Ihr Holz ist extrem hart, sehr schwer und hat eine marmorierte Maserung, die umso besser zur Geltung kommt, je feiner das Holz geschliffen ist. Wer mit Olivenholz arbeitet, braucht viel Geduld. Weil es große Mengen an Öl enthält, müssen die Stämme nach dem Fällen zunächst sechs bis acht Jahre trocknen.

Auch zwischen den einzelnen Verarbeitungsschritten – dem Sägen, Fräsen, Drehen, Schleifen – braucht das Holz längere Ruhephasen. „Nach dem Fräsen einer Schale muss man etwa ein Jahr warten, bevor man mit dem Schleifen anfangen kann“, erklärt Petra Rühls Mann Markus. Wer gleich weitermacht, wird mit einer schmierigen Schicht aus Olivenöl konfrontiert. Vom groben Vorschliff bis zur Vollendung braucht es nochmals fast ein Jahr Trockenzeit.

Trocknung ohne elektrische Helfer

Petra Rühl lässt ihre Produkte an der Luft trocknen, „ohne elektrische Helferlein“. Und anders als die meist aus Marokko und Tunesien stammende Ware werden die Schalen, Löffel und Bretter von Los Oliveros nicht in Salzwasser gelegt. Denn das beschleunigt zwar den Trocknungsprozess, kann aber auch Risse verursachen.

Auf Olivenholz ist Petra Rühl, die eigentlich Krankenschwester und Erzieherin ist, vor vielen Jahren bei einem längeren Aufenthalt in Spanien gestoßen. „Damals habe ich neben einer Schreinerwerkstatt gewohnt und dort ab und zu mitgeholfen.“ Wieder zurück in Deutschland, begann sie für den Weihnachtsmarkt Teelichthalter und Dekoartikel aus Olivenholz herzustellen, sobald ihre kleine Tochter im Bett war.

Kunsthandwerkermärkte und Waiblinger Altstadtfest

Die Tochter ist längst erwachsen, Petra Rühls Werkstatt deutlich größer und mit professionellem Gerät ausgestattet. Auf dem Schorndorfer Weihnachtsmarkt verkauft sie aber noch Jahr für Jahr – und besucht Kunsthandwerkermärkte im Großraum Stuttgart. Auch der Stand auf dem Mittelaltermarkt beim Waiblinger Altstadtfest hat Tradition.

Anfangs flog Markus Rühl mit drei Motorsägen im Gepäck nach Spanien und sägte das Olivenholz selbst zu. Heute kommt es per Lastwagen aus Kalabrien. Die Rühls kooperieren mit einem Landschaftsgärtner, der Olivenhaine aufforstet und Brennholz macht. Ein Glücksfall, sagt Petra Rühl: „Es ist sehr schwierig, an Holz zu kommen, wenn man niemanden kennt.“ Sie und ihr Mann sind mit von der Partie, wenn die Stämme gesägt werden und suchen jede einzelne Scheibe aus.

Olivenbäume sind Überlebenskünstler

Bei der Herstellung lässt sich Petra Rühl von den Formen des Holzes inspirieren, sodass quasi kein Abfall entsteht. Selbst kleine Überbleibsel verarbeitet sie weiter, zum Beispiel zu Haarspangen oder Salzlöffelchen. Manchmal findet sie Nägel oder eingewachsene Steinchen im Holz, bisweilen entdeckt sie Spuren eines Feuers oder knorrige Stellen, die durch Regen entstehen. „Olivenbäume sind Überlebenskünstler, sie wachsen teils aus dem blanken Fels und können tausend Jahre alt werden“, sagt Markus Rühl.

Auch Olivenholzprodukte sind langlebig. Kürzlich hielt Petra Rühl eine Salatschüssel in den Händen, die ein Ehepaar zu seiner Heirat geschenkt bekommen hatte – vor 50 Jahren. Sie hat das gute Stück etwas geschliffen und mit Bio-Leinöl behandelt, mehr war nicht nötig, um die Schale hübsch und die Eheleute glücklich zu machen. „Olivenholz ist zwar aufwendig zu verarbeiten, aber es hält ewig und ist fast unzerstörbar.“

Waiblinger Altstadtfest

Termin
Beim Waiblinger Altstadtfest ist Los Oliveros auf dem Mittelaltermarkt dabei. Das Altstadtfest findet von 27. bis 29. Juni statt.