Strafrechtlich ist Stefan Mappus durch den Kauf der EnBW-Aktien nichts vorzuwerfen. Doch es bleiben der Verfassungsbruch und die Vernachlässigung der Amtspflichten. Das unterstreichen die politischen Gegner deutlich.

Stuttgart - Das Strafverfahren gegen den früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus ist eingestellt. Untreue war nicht im Spiel beim Kauf der 4,7 Milliarden Euro teuren EnBW-Aktien von der Électricité de France (EdF). Das lässt seine Parteifreunde von der CDU aufatmen. Doch bleiben Flecken auf der nun strafrechtlich weißen Weste des ehemaligen Ministerpräsidenten: Der schwerwiegendste ist das Urteil des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg. Es besagt, dass der Aktien-Kauf verfassungswidrig war, weil der Landtag hätte beteiligt werden müssen.

 

Der Parteivorsitzende Thomas Strobl geht darüber so wenig hinweg wie Guido Wolf, sein innerparteilicher Rivale um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2016. Strobl ist von der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens nicht überrascht, aber ergänzt, „dass dieses Geschäft mit einem erheblichen staats- und verfassungsrechtlichen Mangel behaftet ist.“ Auch Guido Wolf erklärt, „es gab politische Fehler.“ Er wolle auch nicht verniedlichen, dass gegen die Verfassung verstoßen worden sei. Als Landtagspräsident muss Wolf die Rechte des Parlaments hochhalten.

Stächele will seine Zürckhaltung aufgeben

Diesen Posten hat Willi Stächele im Oktober 2011 nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs schweren Herzens aufgeben müssen. Als Finanzminister habe er mit seiner Unterschrift unter den Kaufvertrag gegen die Verfassung verstoßen. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung zeigte sich Stächele erleichtert, dass nun strafrechtlich nichts an ihm hängen bleibt. „Ich habe immer fest damit gerechnet, dass die Ermittlungen eingestellt werden“, sagte er. Doch habe er lange warten müssen, „zweieinviertel Jahre“, wie er betont. Nun macht er Pläne: „Jetzt kann ich die mir selbst auferlegte Zurückhaltung in der politischen Wortmeldung aufgeben.“ Absofort will der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Kehl „immer das sagen, was notwendig ist, auch im parlamentarischen Alltag“. Von Genugtuung will der ehemalige Finanzminister nicht reden, aber „es war schon ein harter Gang. Ich bin ja einer von denen, die durch die Ereignisse ganz massiv geschüttelt worden sind“, sagte Stächele mit Blick auf seinen Rücktritt über das Ermittlungsverfahren. Heute zeigt er sich einigermaßen versöhnt. „Es war richtig, zurückzutreten. Ich wollte Schaden vom Amt abwenden.“ Vom ehemaligen Staatsminister Helmut Rau war keine Stellungnahme zu bekommen.

Notheis sieht sich reingewaschen

Im Gefolge der Politiker ist auch der Bankier Dirk Notheis von den strafrechtlichen Vorwürfen reingewaschen. Gegen ihn, den Vertrauten und Berater von Stefan Mappus, hatte die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt. Untreue gegen das Land war nicht in Frage gekommen, da Notheis anders als die Minister „keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Land Baden-Württemberg inne hatte“. Beihilfe, so die Staatsanwälte, sei nur möglich, wenn der Haupttäter, den der Betreffende bei der Tat unterstützte, eine Straftat begangen habe: Keine Straftat von Mappus, keine Beihilfe von Notheis. „Die Vorwürfe waren von Anfang an unbegründet“, kommentieren die Anwälte von Dirk Notheis die Entscheidung. Notheis sei damit „vollumfänglich bezüglich der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe entlastet“.

Die Vertreter der Regierungsfraktionen von Grünen und SPD sehen Stefan Mappus trotz der Einstellung des Strafverfahrens nicht als rehabilitiert. Sie verweisen deutlich auf den vom Staatsgerichtshof festgestellten Verfassungsbruch. Sascha Binder, der rechtspolitische Sprecher der Landtags-SPD, betrachtet die Entscheidung der Staatsanwaltschaft trotz der Einstellung des Verfahrens als weiteren Beleg dafür, „dass der damalige Ministerpräsident, sein Finanzminister und sein Minister im Staatsministerium, ihre Amtspflichten vernachlässigt haben“. Die Staatsanwaltschaft bestätige, dass die beschuldigten Politiker ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Land verletzt hätten.

Für Sckerl ändert die Entscheidung nichts

Dazu komme, dass auch der Landesrechnungshof einen Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung moniert hatte. Dessen Bericht hatte die Grundlagen für das Strafverfahren geliefert, das die Staatsanwaltschaft im Juli 2012 eingeleitet hatte. Aus dem Bericht der Rechnungsprüfer hätten sich, so die Staatsanwälte damals, „tatsächliche Anhaltspunkte“ ergeben, dass sich Mappus beim Kauf der Aktien der Untreue schuldig gemacht haben könnte. Für Hans-Ulrich Sckerl, den parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, ändert die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nichts daran, „dass der politische Flurschaden riesig ist“. Diese Erkenntnis des Staatsgerichtshofs und des Untersuchungsausschusses zum EnBW-Deal bleibe. Sckerl ist überzeugt: „Der EnBW-Deal ist und bleibt ein schlechtes Geschäft für das Land und ein Armutszeugnis für die wirtschaftspolitische Kompetenz der CDU.“ Weil sich Mappus habe als Macher inszenieren wollen, müssten nun die Steuerzahler drauflegen. Der Grünen-Abgeordnete fasst die Vorwürfe zusammen: „Mappus hat die Verfassung gebrochen, er hat den Landtag umgangen, den Sachverstand der Verwaltung ignoriert und ohne jede Not einen überhöhten Preis bezahlt.“

Das müssen die Experten der Internationalen Handelskammer Paris (ICC) erst noch klären. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht dazu geäußert, ob der Kaufpreis von 4,7 Milliarden für die EnBW-Aktien angemessen war oder nicht. Der eigens von ihr beauftragte Gutachter, der Professor für Betriebswirtschaft, Wolfgang Ballwieser, war zwar zu der Erkenntnis gekommen, Mappus habe 780 Millionen Euro zu viel für das Aktienpaket bezahlt. Andere Gutachter waren aber zu anderen Ergebnissen gekommen und hatten den Kaufpreis als angemessen eingestuft. Die Staatsanwälte erklärten nun, das Ballwieser-Gutachten sei zwar „methodisch plausibel und nachvollziehbar“, dennoch würde es „erhebliche Schwierigkeiten bereiten“, den Wert des Aktienpakets so zu beurteilen, dass dies strafrechtlichen Erfordernissen genügen würde. Für die Staatsanwälte war der Wert letztlich ohnehin unerheblich, da keine Straftat nachgewiesen wurde. Dazu übernehmen nun wieder die Juristen vor der Internationalen Handelskammer.