Im Bürgersaal des Rathauses Marbach fand eine unterhaltsame Veranstaltung des Schillervereins statt. Mit seinem Buch „Gauner, Pinsel, Chicaneure“ gab der Schriftsteller und ehemalige Regierungssprecher Manfred Zach den rund 60 Gästen mit einem augenzwinkernden und tiefgründigen Blick auf die Entwicklung und die Eigenheiten der Bürokratie im Laufe der Geschichte.

Birger Laing, 2. Vorsitzender des Marbacher Schillervereins, selbst studierter Jurist, stellte klar, dass Bürokratie zwar oft als trockenes und unnahbares Thema wahrgenommen werde, jedoch genügend humorvolle Facetten bereithalte, um die Zuhörer*innen zu fesseln. Der sich anschließende Vortrag bot eine gemächliche Zeitreise, beginnend mit dem Ursprung der Bürokratie im Jahr 1803, als der Reichstag von Regensburg den ersten Bürokratieakt verabschiedete. Es folgte ein Abstecher zum Freiherren von Knigge, dem Zach den Titel seines Vortrags entliehen hat und der als scharfer Kritiker von Staatsdiener*innen und Advokat*innen bekannt war.

 

Ein zentrales Thema des Vortrags waren die vielen kuriosen Anekdoten, die Zach mit den Zuhörer*innen teilte. Interessant war die Einführung der schwarzen Roben für Juristen im Jahr 1726 durch Friedrich Wilhelm I., die anspruchsvolle Vorschriften zur Robenpflicht mit sich brachte.

Zach wies auf die teilweise unverständliche Sprache der Juristerei hin und erläuterte anhand von Beispielen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch die unfreiwillige Komik, die in juristischen Texten verborgen liegt. Auch Versicherungsfragen und die kuriosen Schadensmeldungen, die mit absurden Unfallberichten und Rechtfertigungen einhergingen, wurden thematisiert. Zum Lachen brachte die Zuhörer*innen ein Rechtsstreit, bei dem ein Mann geklagt hatte, weil sein erotisches Eheleben im Hotel gelitten hatte, da ihm kein Doppelbett, sondern nur Einzelbetten zur Verfügung standen. Das Amtsgericht konnte keinen Schaden erkennen und riet zu mehr Pragmatik in der Ehe.

Weitere Anekdoten kamen aus Gnadengesuchen und Merkblättern der Behörden. Zach präsentierte stilistische Katastrophen aus dem Königreich Sachsen, bei denen Antragsteller*innen ihre Bitten in sprachlich missglückten und teils emotionalen Formulierungen äußerten. Zach: „Man sollte über dem Lachen die Not nicht vergessen, die sich hinter ungelenken Appellen und Schilderungen verbirgt. Schmunzeln gepaart mit Hilfsbereitschaft hält den Behördenalltag auf. Billiger Spott ist bürokratische Arroganz, die sich von selbst verbieten sollte.“

Die Bemühungen der Behörden, bürgerfreundlicher zu werden, stellten sich in vielen Fällen als teils absurde Erklärungen heraus. Mit einem launigen Neujahrsgebet aus dem Jahr 1883, das u. a. ein „besseres Deutsch für die Regierenden“ forderte, rundete Zach seinen Vortrag ab.

Zum Abschied warf Birger Laing einen Blick auf einen Vortrag mit Lesung zu Leben und Wirkung von Ottilie Wildermuth am 29. Juni in der Alexanderkirche sowie auf einen Vortrag von Dr. Matthias Knecht, Oberbürgermeister von Ludwigsburg, zur Resilienz des Grundgesetzes am 30. Juni im Rathaus.

Noch immer bittet der Schillerverein um Spenden für das Nachbarhaus (Haus 29) des Schillergeburtshauses. Ziel ist der barrierefreie Umbau und die Erweiterung des Geburtshauses, um es als kulturellen Ort noch zugänglicher und funktionaler zu gestalten. Spenden können auf das Konto bei der VR-Bank Ludwigsburg (IBAN: DE80 6049 1430 0865 0210 07) mit dem Verwendungszweck „Ankauf Nachbarhaus“ überwiesen werden. Bitte geben Sie für die Spendenbescheinigung Ihre Adresse an. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Die Veranstaltung hat gezeigt, wie unterhaltsam und lehrreich Bürokratie sein kann, wenn man sie mit Humor betrachtet – und wie schön es ist, mit solchen Veranstaltungen historische Stätten wie das Schillergeburtshaus für die Zukunft zu sichern.

Lorenz Obleser · Mai 2025

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