Marc Stein von den Stuttgarter Kickers „Ich fühle mich nicht wie ein Neuling in dem Geschäft“

Marc Stein wird am 30. April 2016 vor dem Heimspiel gegen den Halleschen FC von Präsident Rainer Lorz für sein 100. Spiel für die Stuttgarter Kickers geehrt. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Marc Stein steigt am 1. Januar 2022 als Sportlicher Leiter beim Fußball-Oberligisten Stuttgarter Kickers ein. Im Interview spricht der 36-Jährige über die Rivalität zum VfB, seine Zeit bei den Blauen als Spieler und seine Ziele.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - In der Hinrunde trug Marc Stein noch den Dress des Fußball-Regionalligisten VfB Stuttgart II. Vom neuen Jahr an kümmert er sich als Sportlicher Leiter um die Belange der Stuttgarter Kickers.

 

Herr Stein, welche Reaktionen haben Sie bisher auf Ihre neue Tätigkeit bei den Kickers bekommen?

Alles war bisher wirklich sehr positiv. Ich habe viele Glückwünsche erhalten.

Es gab schon deutlich mehr Wirbel bei innerstädtischen Farbenwechseln.

Mag sein, aber da muss man auch ein wenig differenzieren. Ich kam beim VfB ja nie für die großen Roten zum Einsatz, zudem habe ich drei Jahre für die Blauen gespielt und aus dieser Zeit viele schöne Erinnerungen mitgenommen.

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Welche speziell?

Das Miteinander in diesem Verein. Wie in einer großen Familie war jeder für den anderen da. Die Höhepunkte auf dem Platz waren viele tolle Spiele unter Trainer Horst Steffen in unserem Ausweichquartier in Reutlingen, die Rückkehr ins Gazi-Stadion und dann natürlich dasDFB-Pokal-Spiel 2014 vor 37 000 Zuschauern gegen Borussia Dortmund.

Es gab aber auch den dramatischen Abstiegs 2016 aus der dritten Liga. Bleibt dies nicht als Makel haften?

Ja, das war ein trauriger Moment in meiner Karriere, aber das liegt nun schon sehr lange zurück und spielt jetzt keine Rolle mehr. Solche Momente gibt es im Fußball und im Sport allgemein dann doch immer wieder.

Sie hatten nach dem Abstieg der Kickers angeboten, für den Neuanfang in der Regionalliga zur Verfügung zu stehen.

Ja, aber die damalige Sportliche Leitung hatte andere Pläne. Das ist völlig legitim. Das änderte nichts an meinem immer positiven Verhältnis zu den Verantwortlichen der Kickers. Ich entschied mich dann für einen Wechsel zu Energie Cottbus, aber es war damals schon klar, dass ich mit meiner Familie in die Region Stuttgart zurückkehren werde.

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Nun steigen Sie nach der Zeit als Spieler beim VfB II als Sportlicher Leiter bei den Kickers ein. . .

. . .und darauf habe ich große Lust. Wenn man die Möglichkeit bekommt, in dieser verantwortlichen Position einen Verein zu unterstützen, dann ist das natürlich eine tolle Sache. Ich möchte meine Erfahrung aus 17 Jahren Fußball einbringen.

In der Position als Sportlicher Leiter sind Sie aber noch ein Neuling. Was halten Sie Kritikern entgegen, die sich einen erfahrenen Mann auf dieser Position gewünscht hätten, der schon bewiesen hat, dass er erfolgreich Probleme meistern kann.

Wann man etwas genauer hinschaut, dann bringe ich nicht nur Erfahrung auf dem Platz mit. Bei Energie Cottbus war ich unter Trainer Claus-Dieter Wollitz in die Kaderplanung eingebunden, auch infrastrukturelle Dinge rund um das Nachwuchsleistungszentrum habe ich mitentwickelt. Von daher fühle ich mich nicht wie ein Neuling in diesem Geschäft.

Zuletzt waren Sie auch als Dozent tätig.

Nach meiner Ausbildung zum Industriekaufmann studierte ich erst BWL mit der Spezialisierung auf Personal-Entwicklung. Als Dozent lehre ich in einem Master-Studiengang das Thema „Strategische Verhandlungsführung“.

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Ihr Vorgänger Lutz Siebrecht hatte durch seine Stationen beim SC Geislingen und dem SSV Ulm 1846 sein Netzwerk vor allem im württembergischen Bereich, Sie kommen eher von oben, aus dem Profibereich. Vor- oder Nachteil?

Eines vornewg: Lutz hat bei den Kickers gute Vorarbeit geleistet. Profinetzwerk und gute Kontakte in der Region – beide Parameter sind wichtig, und natürlich muss man sich im baden-württembergischen Bereich auskennen, da muss man auch reinwachsen. Entscheidend ist aber, dass man bei den Kickers professionell arbeitet und das Bestmögliche aus den vorhandenen Möglichkeiten herausholt. Ich möchte auch neue Ideen miteinbringen und stehe für eine offene und ehrliche Kommunikation.

Sie waren häufig Kapitän in Ihren Teams, galten aber eher als der stille, zurückhaltende Leader. Wie wichtig ist es, dass Sportlicher Leiter und Trainer unterschiedliche Charaktere verkörpern?

Zunächst einmal bin ich immer einer, der klar seine Meinung äußert und Dinge konkret anspricht. Das halte ich in meiner Position für enorm wichtig. Man muss nicht immer einer Meinung sein, aber man muss gemeinsam und zielgerichtet in die richtige Richtung arbeiten. Ob dann Sportlicher Leiter und Trainer unterschiedliche Typen sind, ist aus meiner Sicht nicht so wichtig.

Wird es in der Winterpause personelle Veränderungen geben?

Ich habe mich mit dem Trainer schon ausgetauscht, das Thema werden wir aber noch vertiefen und dann alles in Ruhe entscheiden. Wir haben ein gutes, homogenes Team, dem wir vertrauen. Jetzt schauen wir mal, was es für Möglichkeiten gibt.

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Wie sehen Sie den Zweikampf mit dem SGV Freiberg um den Direktaufstieg?

Ich hoffe, dass wir am 9. März 2022 beim Topspiel gegen die Freiberger bei uns im Gazi-Stadion auf der Waldau möglichst viele Zuschauer begrüßen können und die Saison auch zu Ende gespielt wird. Wir können aus eigener Kraft noch einen Platz gut machen. Das ist unser Ziel. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir alles dafür tun, um über die Aufstiegsspiele den Sprung nach oben zu schaffen.

Und für spätestens 2025 sieht der Fahrplan die Rückkehr in die dritte Liga vor?

Wir sind gut beraten, uns voll und ganz auf den ersten Schritt zu konzentrieren.

Zur Person

Vita
Marc Stein wird am 7. Juli 1985 in Potsdam geboren. Im Aktivenbereich spielte er für folgende Vereine: Tennis Borussia Berlin, Hansa Rostock, Hertha BSC, FSV Frankfurt, Kickers Offenbach, Stuttgarter Kickers, Energie Cottbus und VfB Stuttgart II.

Privates
Marc Stein ist verheiratet mit Julia. Das Paar wohnt in Sillenbuch und hat zwei Kinder: Ben (5) und Marie (2). Die Mutter von Marc Stein, Annett Stein, ist Chef-Bundestrainerin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). (jüf)

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