An seinem Sarg verneigten sich der Bundespräsident wie auch Thomas Gottschalk. Bei der Trauerfeier für Marcel Reich-Ranicki erinnerten prominente Redner an das Lebenswerk des Literaturkritikers.

Frankfurt/Main - Zahlreiche Weggefährten, Prominente und Politiker haben Abschied von einer Legende der Literaturkritik genommen. Zu der Trauerfeier für Marcel Reich-Ranicki auf dem Frankfurter Hauptfriedhof kam am Donnerstag auch Bundespräsident Joachim Gauck. Der „Literaturpapst“, wie Reich-Ranicki genannt wurde, war vergangene Woche im Alter von 93 Jahren gestorben.

 

„Wir werden ihn immer hören, bei allen Büchern und Texten, die wir lesen. Seine Stimme wird immer dort zu hören sein, wo Literatur ist“, sagte der Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Frank Schirrmacher. Für die Zeitung hatte Reich-Ranicki seit 1958 gearbeitet.

TV-Entertainer Thomas Gottschalk erinnerte noch einmal an den Moment, als Reich-Ranicki 2008 den Deutschen Fernsehpreis zurückgewiesen hatte. „Lieber Marcel, ich verleihe dir noch einmal einen Lebenspreis und keiner bedauert es mehr als ich, dass Du ihn diesmal nicht mehr ablehnen kannst“, sagte Gottschalk.

Der scharfzüngige Reich-Ranicki, der in Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde, wuchs in Berlin auf. Zusammen mit seiner Frau überlebte er das Warschauer Ghetto und kehrte 1958 nach Deutschland zurück. Das Paar hat einen Sohn, der als Mathe-Professor im schottischen Edinburgh lebt. Einem Millionenpublikum wurde der Kritiker mit der ZDF-Sendung „Das Literarische Quartett“ bekannt. 1999 veröffentlichte er seine Autobiografie „Mein Leben“.

Die Trauerzeremonie wurde von einem Pianisten begleitet

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wies auf den leidvollen Weg des Holocaust-Überlebenden hin. Es spreche von unendlicher Größe, dass Reich-Ranicki nach den „Jahren der Barbarei“ am geistigen Wiederaufbau Deutschlands mitgewirkt habe. „Sein Einsatz gegen das Vergessen und gegen die Gleichgültigkeit war schmerzvoll für ihn, aber unendlich wertvoll für uns und für unseren Umgang mit unserer Vergangenheit“, sagte Bouffier.

Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sprach von Reich-Ranicki als einem „liebevollen, gefühlsbetonten, herzlichen“ Menschen. „Was immer auch der Preis dafür gewesen sein mag: Marcel Reich-Ranicki zählt zu jenen, die trotz aller durchlittenen Todesängste nicht gebrochen waren.“

Die Trauerzeremonie wurde von einem Pianisten begleitet, der Stücke spielte von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und eine Szene aus Puccinis Oper „La Bohème“. Reich-Ranicki hat sich - wie seine Frau Teofila, die 2011 mit 91 Jahren gestorben war - eine Feuerbestattung gewünscht. Die Urnenbeisetzung soll in einigen Wochen im engsten Familienkreis stattfinden. Im Oktober soll es zudem eine öffentliche Gedenkfeier in der Paulskirche geben.