„Forschen statt Faken“ und „Science, not silence“: Mit solchen und ähnlichen Transparenten sind am Samstag beim weltweiten March for Science auch in Stuttgart Hunderte Menschen auf die Straße gegangen, um für die Bedeutung einer uneingeschränkten Wissenschaft Position zu beziehen.

Stuttgart - „Forschen statt Faken“ und „Science, not silence“ – mit solchen und ähnlichen Transparenten sind am Samstag beim weltweiten March for Science Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um sich für eine uneingeschränkte Wissenschaft stark zu machen – auch in Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und Tübingen.

 

Trotz des kühlen, regnerischen Wetters versammelten sich am Vormittag auf dem Stuttgarter Schlossplatz laut Veranstalter 400, laut Polizei 250 Demonstranten, um ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen – darunter auch die beiden Unirektoren Wolfram Ressel von der Uni Stuttgart und Stephan Dabbert von der Uni Hohenheim. Christoph Houtman vom Stuttgarter Organisationsteam des March for Science erklärte, weshalb sich der Protest formiert habe: „Fake News werden von vielen für bare Münze genommen – nicht nur in den USA, auch bei uns im angeblich so aufgeklärten Europa.“ Und Houtman forderte: „Wir wollen, dass die Politik wissenschaftliche Erkenntnisse nicht ignoriert.“

Den Klimawandel zu leugnen hält der Stuttgarter Unirektor für keine gute Idee

Das betonte auch Ressel. Eine „gründliche Erforschung unserer komplexen Welt“ und die Einordnung dieser Erkenntnisse seien unabdingbar – „wir fürchten, dass das in Gefahr gerät“. Ressel nannte ein Beispiel: „Seit neuestem wissen wir von einem Präsidenten aus den USA, dass es den Klimawandel nicht gebe.“ Der Rektor plädierte für eine „vernetzte, internationale Wissenschaft“, die auch der Gesellschaft diene. Dazu gehöre auch der internationale Austausch – von Studierenden, aber auch von Forschern.

Das unterstrich auch die Hohenheimer Asta-Vorsitzende Sarah Graf. Sie nutzte ihren Auftritt auch, um gegen die Einführung von Studiengebühren für ausländische Studierende aus Nicht-EU-Ländern zu protestieren, von denen viele aus Entwicklungsländern kämen. „Wir wollen, dass Personen unterschiedlicher nationaler Herkunft weiterhin an Wissenschaft teilhaben können“, so Graf.

Anna Christmann vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium zeigte sich erfreut über die große Resonanz bei der Demo und erklärte: „Wissenschaftsfreiheit ist nicht verhandelbar.“ Die Grünen-Politikerin äußerte auch Selbstkritik: „Wir müssen besser werden darin, Wissenschaft zu erklären.“ Im Unterschied zu einer Investition in eine Umgehungsstraße wisse man bei Wissenschaft „nicht immer gleich, was dabei rauskommt“. Und sie werde zunehmend angefeindet, besonders in totalitären Systemen. Die Politik müsse deshalb vefolgten Wissenschaftlern „einen sicheren Hafen für freie Forschung bieten“.

Dozentin: „Wissenschaft ist weder neutral noch wertfrei“

Annette Ohme-Reinicke, Vorsitzende der Anstifer und Philosophiedozentin der Uni Stuttgart, betonte: „Wissenschaft ist weder neutral noch wertfrei.“ Viele Wissenschaftler hingen über Drittmittel am Tropf der Industrie, und Studierende würden Leistungspunkten hinterher rennen, statt kritische Fragen zu stellen.

Auch Dabbert relativierte: „Die Wissenschaft hat keinen Zugriff auf die endgültige Wahrheit.“ An ihren Ergebnissen könne sich eine Gesellschaft reiben – „ignoriert sie sie aber, schadet sie sich selbst“.