Die Margarete-Steiff-Schule in Stuttgart-Möhringen veranstaltet in dieser Woche die sechste Kinderspielstadt. Für eine Schule, an der viele zum Teil schwerst mehrfach behinderte Kinder unterrichtet werden, ist das eine Herausforderung.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Peter Otto weiß nicht so recht, was er von der diesjährigen Kinderspielstadt halten soll. Das Projekt an sich findet der Schulleiter freilich toll. Aber der Name? Denn die Kinderspielstadt heißt in diesem Jahr Otto-Town. „Das war die Entscheidung der Schülermitverantwortung. Wir Lehrer haben da kein Mitspracherecht, und die Schulleitung schon gar nicht“, sagt Otto ein wenig entschuldigend.

 

Seit zehn Jahren gibt es an der Margarete-Steiff-Schule alle zwei Jahre die Kinderspielstadt. An einer Schule, an der viele zum Teil schwerst mehrfach behinderte Kinder unterrichtet werden, ist das eine Herausforderung. „Aber warum soll das Konzept nicht auch bei uns funktionieren?“, fragt Otto. Nicht alles sei eins zu eins übertragbar, aber vieles sei doch möglich. „Es geht darum, ein Gemeinwesen zu simulieren. Wer arbeitet, bekommt Geld und kann sich davon etwas Schönes kaufen“, bringt der Schulleiter die Sache auf den Punkt. Am Nachmittag haben zum Beispiel das Kino, das Sportstudio und der Mini-Jahrmarkt geöffnet.

Die Schüler und Lehrer zahlen mit Ottis

In Otto-Town wird mit Ottis gezahlt. Für eine Viertelstunde Arbeit gibt es zwei Ottis. Die Lehrer und Mitarbeiter der Schule müssen Geld tauschen. Auf einem Schild in der Bank ist der Wechselkurs notiert: „Leute“ bekommen für einen Euro zwei Ottis, „Bufdis“ bekommen für einen Euro vier Ottis. Das echte Geld fließt in die Refinanzierung der Kinderspielstadt. „Wir müssen dafür viel Material einkaufen“, sagt Otto. Vor allem sind es Lebensmittel und Bastelutensilien. Denn in Otto-Town können die Mädchen und Jungen vor allem handwerklich tätig werden, kochen und backen.

Wenn in der Margarete-Steiff-Schule Kinderspielstadt ist, melden viele Eltern ihren Nachwuchs vom Mittagessen ab. Denn dann gibt es Selbstgekochtes wie zum Beispiel Pizza, Pasta, Hotdogs oder Kartoffelsalat mit Fleischküchle. Die Basteleien gibt es während der Projektwoche im sogenannten Lädle und am Sonntag beim Adventsbasar zu kaufen. Im Lädle sind darüber hinaus Flohmarktartikel, Schokolade und Bonbons im Angebot. Und jeder, der eine Süßigkeit kauft, bekommt kostenlos eine Zahnbürste dazu. Denn von diesen hat die Margarete-Steiff-Schule nach einer großzügigen Spende von vor ein paar Jahren noch immer einen großzügigen Vorrat.

Es ist anstrengend, aber es macht Spaß

Ihren Job wählen die Schüler im Arbeitsamt. Etwa 25 stehen zur Auswahl. Frank Steinmeyer, Verbindungslehrer und einer der Hauptorganisatoren der Spielstadt, sorgt dafür, dass jeder einen passenden Arbeitsplatz findet. Wer will, kann zum Beispiel Stadthelfer werden. „Gesucht werden zwei hilfsbereite Mitarbeiter mit Verantwortung und gutem Benehmen ab Klasse 5“, heißt es in der Stellenbeschreibung. „Die Stadthelfer kontrollieren zum Beispiel, dass jeder seinen Ausweis dabei hat und sie helfen, wenn es mal Streit geben sollte“, erklärt Steinmeyer.

„Für die Schüler ist die Kinderspielstadt anstrengend“, sagt Otto. Denn sie werden herausgerissen aus ihren gewohnten Strukturen und Klassenverbänden, sie müssen andere und oft spontanere Entscheidungen treffen, so der Schulleiter. Spaß macht es den Kindern aber trotzdem. Und auch das Team ist mit großem Eifer dabei. „Wenn Kinderspielstadt ist, dann ist richtig Leben bei uns in der Schule. Sonst sind die Türen zu den Klassenzimmern immer zu. Aber in dieser Woche wuselt es überall in den Räumen und auf den Gängen“, sagt Peter Otto.

Zum Abschluss der Spielstadt lädt die Margarete-Steiff-Schule, Hengstäcker 6, am Sonntag, 3. Dezember, zu ihrem Winterfest ein. Die Schüler berichten, was sie in dieser Woche erlebt haben und verkaufen die selbst hergestellten Produkte. Der Basar dauert von 13 bis 17 Uhr.