Magarethe von Trottas Film „Hannah Arendt“ dreht sich, wie viele ihrer Werke, um eine starke, auch umstrittene Frauenfigur. Nächste Woche bekommt die Regisseurin bei der Münchner Filmpreisverleihung einen Ehrenpreis. Ulrike Frenkel ist ihr begegnet.

Stuttgart - Margarethe von Trotta traut sich was. Immer wieder versucht sie, lebendige Menschen aus historischen Figuren erstehen zu lassen, Bilder zu gestalten, die sich im kollektiven Gedächtnis einnisten, Figuren wie Rosa Luxemburg oder Hildegard von Bingen einen Platz in der visuellen Kulturgeschichte zu verschaffen. In der Öffentlichkeit hat man sie für ihre sehr persönliche, emphatische Arbeitsweise oft geschmäht, vor allem als Frauenförderung noch nicht zu den Hauptzielen der westlichen Gesellschaften zählte. Man hat ihr aber auch Respekt für ihre Arbeit gezollt, ihr Preise verliehen, sie als Ausnahmeerscheinung in der lange Zeit männlich dominierten Filmwelt gefördert.

 

Nun wird sie bald 71 und präsentiert nach zahlreichen Kinofilmen erneut das Porträt einer ebenso einflussreichen wie umstrittenen Frau. „Hannah Arendt“ ist als Kammerspiel angelegt, es behandelt die Zeit der frühen sechziger Jahre zur Zeit des Eichmann-Prozesses, über den Arendt das Buch „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ verfasst hatte. Gleichzeitig ist der Film eine Annäherung an das Leben und Denken der deutsch-jüdischen politischen Philosophin, ihre geistige Hinterlassenschaft und ihre Lebensthemen: die Chancen der Demokratie, die Verantwortung des Einzelnen.

Hannah Arendt: Rechthaberei und Kühle, Verstand und Gefühl

Nicht einfach, eine solch abstrakte Welt sichtbar werden zu lassen, oder? „Stimmt“, antwortet Margarethe von Trotta äußerst praktisch. „Man muss sich ja erst mal der Frau selber annähern, nicht nur der Denkerin.“ Arendts zahlreiche Korrespondenzen hätten ihr dabei geholfen, und vor allem die Menschen, die sie noch persönlich kannten. Sie befragte in New York kurz vor deren Tod Arendts langjährige Begleiterin Lotte Köhler sowie die inzwischen ebenfalls verstorbene Elisabeth Young-Bruehl, die bei Arendt studiert und die erste Biografie über sie verfasst hatte. Die unterschiedlichen Beschreibungen von Arendt, sagt die Regisseurin, „machten es möglich, sie mir als Person vorzustellen. Wie sie angezogen war, wie sie ging oder redete. Gelacht, das erzählten alle, hat sie wohl schallend!“ Das dürfte der gebürtigen Berlinerin gefallen haben. Zwar machte sie, wie manche anderen zuvor bei ihren Nachforschungen einen gewissen Hang zu Arroganz, Rechthaberei und Kühle aus, entdeckte aber auch Verstand und Gefühl in Hannah Arendt, und vor allem den Mut, scheinbare Gewissheiten zu hinterfragen und gegen den Strom zu schwimmen.