Das widersprüchliche Feld des weltpolitischen Krisenmanagements lotet Stever mit dem vielschichtigen Porträt einer Protagonistin aus, die es ganz schön in sich hat. Solche saft- und kraftvollen Frauenfiguren möchte man öfter im deutschen Kino sehen. Diese Dorothea Nagel steht mit beiden High Heels im Leben, kennt sich mit den Machtmechanismen der Diplomatie aus, schreitet als Ritterin des Fundraisings im Designerkleid durch die Hotelhallen der Krisen-Hotspots.

 

Und doch sieht man in diesem Film, wie ihre Rüstung Risse bekommt, wie der Boden unter ihren Füßen schwankt – auch wenn sie nicht mit der Wimper zuckt, als die herannahenden Explosionen die Scheiben im Hotel zerspringen lassen.

Beherzt freigespielt

Stever verrät diese Figur weder an die leidlich bekannten Karrierezicken-Klischees noch an vermeintlich weibliche Fragilitäts-Stereotypen, sondern beharrt auf der Widersprüchlichkeit Dorotheas. Maria Furtwängler, die sich hier beherzt von ihrer „Tatort“-Vergangenheit freispielt, ist furios in der Rolle der wankenden Spendengala-Diva.

Trunkenheit ist eine der schwierigsten schauspielerischen Aufgaben, die allzu oft im Overacting landet. Furtwängler hingegen beherrscht alle Nuancen des alkoholbedingten Kontrollverlustes. Wie ihre Figur im Suff die Contenance verliert und immer wieder zurückerobert, wie sie in nüchternen, einsamen Momenten vor dem Laptop brüchig wird, während die Hotelangestellten hinter ihr die Spuren des letzten Gelages beseitigen – das ist ganz großes Schauspielerinnenkino, wie man es hierzulande nur selten zu sehen bekommt.

Das Wetter in geschlossenen Räumen. Deutschland, Österreich 2015. Regie: Isabelle Stever. Mit Maria Furtwängler, Mehmet Sözer, Anne von Keller, Louis Friedemann Thiele, Jim Broadbent. 97 Minuten. Ab 12 Jahren.

Ähnlich wie Johannes Nabers „Zeit der Kannibalen“ mit Devid Striesow vor zwei Jahren arbeitet auch „Das Wetter in geschlossenen Räumen“ von Isabelle Stever die Widersprüche der globalisierten Gesellschaft im beengten Setting eines abgeschotteten Nobelhotels inmitten einer Krisenregion heraus. Dabei versteht sich der Film nicht als moralisierende Kritik einer Entwicklungshilfearbeit, die ihre westlichen Angestellten im Luxus schwelgen lässt, während ihre Organisationen gegen Armut und die Folgen kriegerischer Gewalt ankämpfen. „Das Wetter in geschlossenen Räumen“ begreift sich eher als Milieustudie einer Helfer-Elite, deren berufliche Existenz und finanzielles Wohlergehen zwangsläufig an die Not anderer Menschen gekoppelt ist.

Solche Frauen braucht das Kino

Das widersprüchliche Feld des weltpolitischen Krisenmanagements lotet Stever mit dem vielschichtigen Porträt einer Protagonistin aus, die es ganz schön in sich hat. Solche saft- und kraftvollen Frauenfiguren möchte man öfter im deutschen Kino sehen. Diese Dorothea Nagel steht mit beiden High Heels im Leben, kennt sich mit den Machtmechanismen der Diplomatie aus, schreitet als Ritterin des Fundraisings im Designerkleid durch die Hotelhallen der Krisen-Hotspots.

Und doch sieht man in diesem Film, wie ihre Rüstung Risse bekommt, wie der Boden unter ihren Füßen schwankt – auch wenn sie nicht mit der Wimper zuckt, als die herannahenden Explosionen die Scheiben im Hotel zerspringen lassen.

Beherzt freigespielt

Stever verrät diese Figur weder an die leidlich bekannten Karrierezicken-Klischees noch an vermeintlich weibliche Fragilitäts-Stereotypen, sondern beharrt auf der Widersprüchlichkeit Dorotheas. Maria Furtwängler, die sich hier beherzt von ihrer „Tatort“-Vergangenheit freispielt, ist furios in der Rolle der wankenden Spendengala-Diva.

Trunkenheit ist eine der schwierigsten schauspielerischen Aufgaben, die allzu oft im Overacting landet. Furtwängler hingegen beherrscht alle Nuancen des alkoholbedingten Kontrollverlustes. Wie ihre Figur im Suff die Contenance verliert und immer wieder zurückerobert, wie sie in nüchternen, einsamen Momenten vor dem Laptop brüchig wird, während die Hotelangestellten hinter ihr die Spuren des letzten Gelages beseitigen – das ist ganz großes Schauspielerinnenkino, wie man es hierzulande nur selten zu sehen bekommt.

Das Wetter in geschlossenen Räumen. Deutschland, Österreich 2015. Regie: Isabelle Stever. Mit Maria Furtwängler, Mehmet Sözer, Anne von Keller, Louis Friedemann Thiele, Jim Broadbent. 97 Minuten. Ab 12 Jahren.