Gesellschafter der Pelzer-Gruppe wollen das Werk das Autozulieferers Magna in Markgröningen übernehmen. Bei Mitarbeitern keimt Hoffnung.

Markgröningen - Der entscheidende Satz kommt etwas gestelzt daher: "Die drei Geschäftsführenden Gesellschafter der HP Pelzer Gruppe (...) haben Verträge bezüglich der Übernahme des deutschen Akustikgeschäfts der Magna-Gruppe unterzeichnet." Das Zitat aus einer Presseerklärung des nordrhein-westfälischen Autozulieferers dürfte bei den 800 Mitarbeitern in dem Magna-Näher-Werk in Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) Hoffnungen wecken. Denn im Klartext bedeutet es, dass für ihren Standort - wo Magna bis 2013 rund 700 Stellen streichen wollte - neue Investoren gefunden worden sind. Das Werk stellt Innenverkleidungen für Autos her, die auch dem Lärmschutz dienen.

 

"Die Standorte werden nicht in die Unternehmensgruppe integriert, sondern eigenständig weitergeführt", erklärt ein Sprecher der Pelzer-Gesellschafter. Ansonsten halten sich die Investoren noch bedeckt, denn der Vertrag werde erst in zwei bis drei Wochen endgültig wirksam. "Momentan sind die Erwerber noch bei der Bestandsaufnahme", sagt der Sprecher. Klar sei, dass der Standort defizitär und somit dringend sanierungsbedürftig sei.

Konzernmutter hat Stellenabbau geplant

Andreas Klose, der Bezirksleiter der Region Stuttgart bei der IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) und für Magna-Näher zuständig, bewertet die jüngsten Entwicklungen daher "zurückhaltend optimistisch". Noch könne man nicht sagen, was der Einstieg der Pelzer-Gesellschafter konkret für die Beschäftigten am Standort Markgröningen bedeute. Die erste Mitarbeiterinformation der Investoren an die Belegschaft habe aber in jedem Fall besser geklungen als das, was die österreichisch-kanadische Konzernmutter Magna vorgehabt habe. Diese hatte Anfang des Jahres nach langem Hin und Her überraschend die radikalen Stellenabbaupläne in dem Werk in Markgröningen verkündet.

Die Gesellschafter der Pelzer-Gruppe hingegen wollten sich ein Standbein in der Region aufbauen und vor Ort weiterproduzieren, sagt Klose, der auch für den Betriebsrat von Magna-Näher spricht. "Vor Ort" bedeute in diesem Fall, die beiden relativ neuen Produktionsstraßen im Stadtteil Unterriexingen auszubauen, da die Mietverträge am beengten alten Standort 2013 auslaufen. "Die Investoren haben vor, mit dem Werk in Ausschreibungswettbewerbe um neue Aufträge zu gehen." Magna habe dies für Markgröningen nicht mehr in Erwägung gezogen.

"Es keimt Hoffnung."

Für Klose ist die Entscheidung auch ein Zeichen dafür, dass die unterschiedlichen Protestaktionen der Magna-Belegschaft und öffentliche Solidaritätsbekundungen von Vertrauensleuten bei Daimler oder Bosch in den vergangenen Monaten Wirkung gezeigt hätten. "Magna ist nun doch aktiv auf Investorensuche gegangen, so wie wir das bereits im Frühjahr gefordert haben." Auch wenn er keine Informationen über den Kaufpreis habe, so sei er sich doch sicher, dass Magna bei dem Verkauf "einiges geschluckt" habe. Im September werde er bei einem Treffen mit den Investoren hoffentlich mehr erfahren.

Die Tatsache, dass es sich bei Pelzer um keinen Finanzinvestor, sondern um einen industriellen Investor handelt und die Gruppe als Experte im Bereich der Fahrzeugakustik gilt, erfreut nicht nur den Gewerkschafter Klose, sondern auch Markgröningens Bürgermeister Rudolf Kürner. "Es keimt Hoffnung", sagt er.

Nach dem Einsatz der Kommune in den vergangenen zwei Jahren für die Erhaltung des Standortes - so gab sie 150.000 Euro Planungskosten für den letztlich geplatzten Umzug des Betriebs aus - sei das eine gute Nachricht. "Details der Pläne der neuen Investoren kenne ich noch nicht", sagt Kürner. In der kommenden Woche habe er einen Termin bei Magna-Näher. "Offiziell ist der Grund dafür, den neuen Niederlassungsleiter kennenzulernen", sagt Kürner. Er hoffe aber, dass es in den Gesprächen dann bereits um mehr gehe.

Hintergrund: Den neuen Besitzer erwarten rote Zahlen

Investor Die Pelzer-Gruppe gilt als Spezialist für Fahrzeugakustik und ist in 18 Ländern mit insgesamt 5000 Mitarbeitern vertreten, davon 700 in Deutschland. Im Jahr 2009 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von mehr als 480 Millionen Euro.

Chronik Im Februar 2010 gibt Magna bekannt, das beengte Firmengelände in Markgröningen verlassen zu wollen. Nach einer wechselvollen Standortsuche wird im März 2011 überraschend verkündet, dass 700 von 800 Stellen in Markgröningen gestrichen werden sollen.

Defizit Die Markgröninger Firma Intier Automotive Näher gehört seit 1997 zum Magna-Konzern. 2010 lag das Defizit von Magna-Näher bei 30 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2014 befürchtet das Management sogar einen Fehlbetrag von 70 Millionen Euro.