Tatjana Eggert und Michael Erhardt haben beim Schäferlauf die Konkurrenz hinter sich gelassen. Königin und König sind jetzt Schafbesitzer.

Markgröningen - Ende August stehen in Markgröningen im Kreis Ludwigsburg die Zeichen auf Schäferlauf: Dann wird am Ortsrand ein Feld geerntet und der Schäfernachwuchs zieht Schuhe und Strümpfe aus. Auf dem Stoppelacker rennen dann die Söhne und Töchter baden-württembergischer Schäferfamilien um die Wette. Groß vorbereiten müssen sie sich dafür aber offenbar nicht: „Ich war schon immer schnell, schon in der Schule“, sagt der 16 Jahre alte Gewinner Michael Erhardt aus Stödtlen im Ostalbkreis. Doch der Erfolg hat auch seinen Preis, die nackten Füße sind nicht nur dreckig: „Ich habe einen Krampf seit ich im Ziel bin.“ Fünf junge Männer sprinteten auf dem 300 Schritt langen Feld um den Sieg, bei den Frauen traten neun an. Das Rennen machte hier die 18-jährige Tatjana Eggert aus Ingersheim im Kreis Ludwigsburg, die eine Ausbildung zur Schäferin absolviert. Erhardt hingegen will ganz fern der Schafherden Konstruktionsmechaniker werden.

 

Der Schäferlauf ist bei ihm eine Familientradition. In den vergangenen Jahren gewann sein älterer Bruder Andreas, in diesem Jahr wurde sein jüngerer Bruder Daniel immerhin bereits Dritter. Was er erst nach seinem Sieg bekennt: Die Königswürde ist dem 16-Jährigen nicht unbekannt - er ist bereits Schäferlaufkönig in Bad Urach (Kreis Reutlingen).

Das älteste Schäferfest im Land

Beim Schäferlauf soll der Schäfernachwuchs beweisen, dass er im Notfall ein fliehendes Schaf einfangen könnte. In bunten Schäferinnenröcken beziehungsweise in schwarzen Hosen und weißen Hemden rennen die Jungschäfer über die frisch geerntete Strecke. Um mitmachen zu können, müssen sie mindestens 14 Jahre alt sein. Der Schäferlauf wird seit mehr als 500 Jahren gefeiert und ist damit das älteste Schäferfest im Land.

„Wir Markgröninger legen den Urlaub so, dass wir am Schäferlauf dabei sind“, erläutert Bürgermeister Rudolf Kürner. Der Vorsitzende des Landesschafzuchtverbands Baden-Württemberg, Alfons Gimber, nutzt die Gelegenheit, um für seinen unter Nachwuchsproblemen leidenden Beruf zu werben. „Wenn man bei einem Sonnenuntergang bei seinen Schafen steht mit den Hunden, ist das einfach super.“ Vier Tage lang feiern die Markgröninger den Schäferlauf. Das am Samstag durch Lauf und Regen mitgenommene Feld wird am Sonntag bereits wieder beansprucht. Dann sprinten statt des Schäfernachwuchses Schüler und Schülerinnen um die Wette.

Erhardt und Eggert können als Preis je ein Schaf mit nach Hause nehmen. Vor ihrem Lauf waren am Samstag bereits die Wettkämpfe im Sackhüpfen, Hahnentanz und Wassertragen auf dem Stoppelfeld ausgetragen worden. Maria Gerls balancierte den vollen Wasserkübel geschickt auf ihrem Kopf und machte das Rennen. „Das kann man oder das kann man nicht“, fand die 70-Jährige aus Markgröningen. Schon oft habe sie das Wassertragen gewonnen. „Ich setz den Kübel auf und dann geht es los.“