Auf dem Hohberg in Unterriexingen gibt es eine gut erhaltene unterirdische Verteidigungsanlage der Neckar-Enz-Festung. Zwei Initiativen wollen sie erhalten. Die Stadt ist auf der Suche nach einem Konzept, das Bunker und KZ-Gedenken beinhaltet.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Markgröningen - Roland Essig und Heinz Schütt haben einen Traum. Den hat auch der Arbeitskreis Bunkerforschung des Geschichtsvereins Bietigheim-Bissingen. Beide Initiativen wollen einen Bunker im Gewann Hohberg erhalten und für die Öffentlichkeit – etwa an Tagen des offenen Denkmals – zugänglich machen.

 

Und genau deshalb sorgt sich Günter Frank vom Markgröninger Arbeitskreis für Geschichtsforschung und Denkmalpflege. Er erinnert sich noch gut daran, wie schwierig es war, das Gedenken an die Nazi-Gräuel auf den Weg zu bringen. Mit welchen Widerständen es einher ging, manche Bewohner daran zu erinnern, dass in Unterriexingen KZ-Häftlinge untergebracht waren und die Vernichtung durch Arbeit nur einen Steinwurf von ihren Häusern entfernt stattgefunden hat. Frank befürchtet, dass die Menschen am Ort, die noch immer ihre Probleme mit dieser Erinnerung haben, sich dann in Form des Bunkers lieber einem erinnerungspolitisch weniger kontroversen Relikt aus der NS-Zeit zuwenden könnten. Das ist wohl die Sorge aller, die über dessen Zukunft entscheiden: Besteht die Gefahr, dass der Bunker oberhalb Unterriexingens zur Pilgerstätte Ewiggestriger oder neuer Fanatiker wird?

Bürgermeister für Öffnung des Bunkers

Was also tun? Um eine Antwort auf diese erinnerungspolitisch schwierige Frage geben zu können, wartet die Verwaltung nun auf die Stellungnahme des Arbeitskreises, der in die zukünftige Planung für den Bunker einbezogen werden soll. Der Vorstand wird am heutigen Donnerstag tagen. Der Bürgermeister Rudolf Kürner steht der Öffnung des Bunkers aufgeschlossen gegenüber. „Ich kann mir gut vorstellen, dass man dort ab und zu eine Führung macht“, so das Stadtoberhaupt. Unter Einhaltung des Naturschutzes. Aber auch für Kürner gilt: Es darf kein rechtes Gedankengut transportiert werden. Ein Verkauf des Bunkers kommt für Kürner jedoch nicht in Frage.

Zur Vorgeschichte: Roland Essig und Heinz Schütt sind in Sachen Bunkerforschung im Landkreis keine Unbekannten. Seit einigen Jahren sind sie in Besitz des Bunkers 302 im Bietigheimer Forst. Er ist Teil der Neckar-Enz-Festung, einer Befestigungsanlage der deutschen Wehrmacht, die schon zu Zeiten der Weimarer Republik geplant und dann unter NS-Herrschaft in den Jahren 1935 bis 1938 von privaten Bauunternehmern errichtet wurde. Schütt und Essig haben den Unterriexinger Bunkereingang mit Erlaubnis der Gemeinde freigelegt und mit einer einbruchssicheren Tür versehen. Der Bietigheimer Geschichtsverein wiederum betreut in Bissingen seit 1999 den Museumsbunker Ro 1.

Der Bunker auf dem Hohberg ist etwas Besonderes

Eine Anlage wie die auf dem Hohberg ist schon auf Grund ihrer Weitläufigkeit eine Seltenheit. Denn Beschriftungen und tapetenartige Wandbemalung sind dort erhalten, ebenso wie ein großes Bassin zur unterirdischen Trinkwasserversorgung. Auf Anweisung der Alliierten sollten die Befestigungsanlagen der Neckar-Enz-Festung nach dem Zweiten Weltkrieg eigentlich gesprengt werden. Der Bunker, an dessen Existenz und Bau sich die älteren Bewohner Unterriexingens noch erinnern, war schon mehrmals ins Blickfeld der Verwaltung geraten. Vor mehreren Jahrzehnten war er zum Treffpunkt einer Jugendgruppe geworden, weswegen sein gesprengter Eingangsbereich auf Anweisung der Gemeinde zubetoniert wurde. Als der nahegelegene Schützenverein 1996 über eine Ausweitung nachdachte, fuhr die Stadtarchivarin Petra Schad ins Militärarchiv nach Freiburg, um die Entstehungsgeschichte des Bunkers zu erforschen. Für Schad ist das Bauwerk ein „zeithistorisches Relikt“, das ein Stück Sozialgeschichte wiederspiegle. Für sie hängt die Zukunft des Bunkers an dem Konzept, das die Bewerber vorlegen. „Wenn es richtig gemacht ist, kann man ihn öffnen“, ist ihre Meinung.

Es hängt an einem Konzept

So sehen es die Vertreter der Gemeinderatsfraktionen offenbar auch. Vor einiger Zeit haben sie in großer Zahl die Einladung zu einem Bunkerbesuch angenommen – und waren wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Ingrid Schlotterbeck überrascht von der Größe der Anlage. Schlotterbeck hofft nun auf eine ausführliche und unaufgeregte Diskussion im Gemeinderatsgremium – und ein stimmiges Konzept der zukünftigen Bunkerbetreiber. So sieht es auch der CDU-Fraktionschef Nikolaus von Ratibor. „Der Bunker ist ein Zeitdokument“, so Ratibor, „so traurig das ist. Dazu müssen wir stehen.“ Wenn der Bunker ordentlich betrieben werde, könne man ihn öffnen. Auch Rainer Gessler (FW) sagt: „Der Bunker ist ein Teil unserer Geschichte und gehört zu den Informationen über diese Zeit.“ .