Bei Markus Lanz warnt der SPD-Politiker und Epidemiologe Karl Lauterbach eindringlich vor einer zweiten Welle und ist gegen private Feiern mit mehr als 25 Leuten. Aber er hat auch optimistische Botschaften.

Stuttgart - Der SPD-Politiker und Epidemiologe Karl Lauterbach wählte gleich zu Beginn der Talkrunde von Markus Lanz am Donnerstagabend eine starke Begrifflichkeit: Es gehe nun „ums nackte Überleben“, sagte Lauterbach und rückte im Laufe der Sendung trotzdem von seiner Position als Hardliner im Anti-Corona-Kampf etwas ab.

 

25 Leute auf einer privaten Feier sind zu viel

Grundsätzlich ist Lauterbach wegen der angebrochenen kalten Jahreszeit zunächst mal skeptisch: Denn 90 Prozent der Infektionen mit dem Corona-Virus passierten in geschlossenen Räumen. In den nächsten zwei bis drei Wochen werde sich in Deutschland zeigen, so Lauterbach, ob wir Verhältnisse wie in Spanien, England und Frankreich bekommen, oder „ob wir unseren Erfolg des Sommers wiederholen können“. Es sei nicht auszuschließen, dass in Deutschland die zweite Welle einsetze – mit Infektionszahlen von 5000 bis 10:000 am Tag. Deshalb brauche man jetzt „maßvolle Maßnahmen“, vor allem gegen die Super-Spreader, denn die gäben der Pandemie die Nahrung. Sie steckten nicht nur eine, sondern gleich zehn oder 20 andere Menschen an. „Bei privaten Feiern ist eine Gruppe mit mehr als 25 Leuten einfach zu groß“, sagte Lauterbach. „Wir haben jetzt die härtesten Wochen der Pandemie vor uns. Wir waren im Sommer an die Öffnung gewöhnt worden, jetzt müssen wir gut zusammenhalten.“

Elke Heidenreich wütend über Corona-Leugner

Auf der anderen Seite verkündete Lauterbach aber auch optimistische Botschaften: Die Quarantänezeit könnte man seiner Ansicht nach von 14 auf fünf Tage verkürzen. Und auch an einen radikalen Einschnitt glaubt er nicht mehr: „Einen zweiten Lockdown brauchen wir nicht.“ Er erwarte, dass schon Anfang 2021 ein Impfstoff gefunden werde.

Eine heftige Debatte lieferten sich in der Sendung die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und die Autorin Elke Heidenreich. Guérot warnte vor einer Stigmatisierung von Stimmen im politischen Raum, die sich kritisch mit Maßnahmen gegen die Pandemie aussprechen. Eine Stigmatisierung von Menschen als „Covid-Idioten“ sei ein Ende der Demokratie. Man müsse auch aufpassen, dass es nicht zu einer „Verstetigung von Ausnahmezuständen“ in der Corona-Krise komme. Der Politologe Hamed Abdel-Samad äußerte sich ähnlich, er warnte davor, Menschen mit abweichenden Meinungen als „herzlos“ und „ignorant“ abzustempeln oder sie als „Nazis“ zu bezeichnen. „Wir brauchen eine gesunde Streitkultur.“

Die Autorin Heidenreich hatte für diese Kritik wenig Verständnis: Sie sei 77, habe nur noch eine halbe Lunge und sie gehöre zur Risikogruppe. Sie sei „sehr zornig“, wenn sie die Unachtsamkeit der Menschen bei den Corona-Regeln sehe und die Demonstrationen von Corona-Leugnern. „Wollen Sie alle krank werden?“ Heidenreich setzt darauf, dass die Maßnahmen nach der Krise auch wieder zurückgenommen werden: „Ich vertraue da meinem Land.“