Die Südschiene sind bisher Markus Söder und Winfried Kretschmann. Jetzt soll ein CDU-Mann die Allianz für baden-württembergisch-bayerische Anliegen verstärken.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Während der Pandemie oder im Bund-Länder-Streit um die Finanzierung der Entlastungspakete hat sich die Südschiene bewährt. Oft haben Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und der Stuttgarter Regierungschef Winfried Kretschmann koordiniert kommuniziert. Per Du sind der Christsoziale und der Grüne längst. Beim Kämpfen für gemeinsame Interessen ist man sich näher gekommen. Zuletzt forderten Kretschmann und Söder bei einem Treffen in Ulm und Neu-Ulm eine Wasserstoff-Pipeline, um die Energieversorgung sicherer zu machen.

 

Trotzdem wird die erprobte grün-schwarze Verbindung nun durch einen schwarzen Kanal ergänzt. Eine Stunde hat Markus Söder die CDU-Landtagsfraktion mit ihrem Chef Manuel Hagel besucht. Getagt wurde zusammen mit dem Landesvorstand im Landtag. In letzter Minute entschloss sich Kretschmann, dem Koalitionspartner Videos zu ersparen, wie Söder vom Amtszimmer des Regierungschefs zur CDU spaziert. Denn in der Villa Reitzenstein war der Bayern-Kollege zuerst.

Die Lagergrenze muss kein Graben sein

Zwei Männer im Vorwahlkampf

Söders Reise nach Stuttgart ist der Gegenbesuch zu Manuel Hagels Stippvisite im bayerischen Landtag im März dieses Jahres, heißt es bei der CDU. Der verstärkte Austausch sei von langer Hand geplant. Als ausschließliches Privileg der Regierungschefs, die baden-württembergisch-bayerischen Länderinteressen zu vertreten, will man die Südschiene in der Stuttgarter CDU-Fraktion nicht – mehr – verstanden wissen. Hauptziel sei ein „geschlossenes Auftreten gegenüber der Ampel“ in Berlin, heißt es. Ob die Christdemokraten dies dem grünen Regierungschef nicht mehr zutrauen, seit dessen Parteifreunde in Berlin mitregieren?

Die Gelegenheit zum Schulterschluss in Schwarz dürfte dem aufstrebenden Fraktionschef Manuel Hagel mindestens so zupass kommen wie Söder, der 2023 seine zweite Landtagswahl bestreiten muss.

Hier dauert es zwar noch bis zur nächsten Wahl. Aber ein wenig Vorwahlkampf dürfte Hagel nicht übel in den Kram passen. Dass er nach der Spitzenkandidatur greift, gilt unter Parteifreunden als sicher. Außerdem wird 2023 im Land der CDU-Parteivorstand neu gewählt. Dass Hagel dann aus der Deckung kommen und den durch die Polizeiaffäre angeschlagenen Amtsinhaber Thomas Strobl ablösen will, halten viele für ausgemacht. Im Blick auf solche Szenarien schadet jedenfalls nicht, wenn die Brücke zum regierenden Nachbarn Markus Söder schon vorher als stabil gilt. Offiziell ist das in Stuttgart natürlich kein Thema. Es ging um die Wasserstoffallianz, Wirtschaft und Technologie. Söder kündigt eine gemeinsame Kabinettssitzung mit der hiesigen Regierung 2023 an und eine Süd-Ministerpräsidentenkonferenz als Gegengewicht zur nach Norden ausgerichteten Ampel in Berlin. Manuel Hagels Bilanz: „Die Südschiene steht, sie ist stabil, und sie wird gebraucht.“