Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums kochen Marmelade aus dem Obst des Schulgartens. Die vor 40 Jahren noch in jedem Haushalt selbstverständliche Kochkunst ist heutzutage nicht mehr besonders üblich.

Sillenbuch - Die Mensaküche des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) scheint sich in die Küche eines Riesen verwandelt zu haben. Ob Töpfe oder Schneebesen – alles wirkt eine Dimension zu groß, wenn Kinder die Köche sind und nicht Erwachsene. An den Herdplatten wird Quittengelee und Johannisbeermarmelade gekocht. Die Schüler haben das Obst, das nun verkocht wird, Ende August im Schulgarten geerntet. Das Marmelade- und Geleekochen kommt wiederum den Quittenbäumen und Beerensträuchern zugute. Denn der süße Brotaufstrich wird zum Teil an der Schule verkauft. Der Erlös fließt dann in die Pflege des Schulgartens.

 

Das Mengenverhältnis ist entscheidend

Die zehnjährige Hannah schüttet Gelierzucker in einen Topf. In diesem blubbert bereits der erhitzte Quittensaft. Dann verquirlt die 16-jährige Cindy die Masse mit dem Schneebesen. Eigentlich ist das Prinzip, das Obstsaft in festes Gelee verwandelt, ja ganz einfach. Der Zucker verwandelt die Flüssigkeit nach und nach in eine klebrige Masse. Dennoch, das Mengenverhältnis ist entscheidend, und deshalb haben die beiden Schülerinnen ein Rezept zur Hand. Es beschreibt genau, wie viel an Zutaten sie verwenden müssen. Außerdem ist Monika Eberhardt-Walz vom Obst- und Gartenbauverein Riedenberg heute in die Mensaküche des GSG gekommen, um die Schüler zu unterstützen.

Wie oft sie in ihrem Leben schon Quittengelee gekocht hat, kann Eberhardt-Walz nicht einmal schätzen. Jedes Jahr verarbeite sie die bitter-süße Frucht zentnerweise zu Saft und Gelee, sagt sie. Ganz anders sind die Erfahrungen der zehnjährigen Hannah. Sie hat noch nie beim Kochen von Marmelade geholfen. In ihrer Familie gebe es nur selten den fruchtigen Brotaufstrich zum Frühstück, sagt sie. „Meine Mutter hat noch nie Marmelade gekocht, sie kauft sie im Supermarkt“, sagt Hannah.

Zunehmende Entfremdung von Schülern gegenüber der Natur

Auch deshalb hat sich die Fünftklässlerin entschieden, beim Aktionstag der Garten-AG mitzumachen. Sie ist neugierig auf eine Kochkunst, die noch vor Jahrzehnten in jedem Haushalt selbstverständlich war, sollten nicht trockenes Brot und Butter das einzige sein, das auf den Frühstückstisch kommt. Der Biologie- und Chemielehrer Peter Haas beobachtet mit Sorge eine zunehmende Entfremdung von Schülern gegenüber der Natur. „Einmal haben wir Apfelmus im Unterricht aus Äpfeln gemacht, die bei uns im Schulgarten wachsen. Eine Schülerin meinte, ob das Mus überhaupt genießbar sei, da wir es ja selbst gemacht hätten“, sagt Peter Haas.

Der eigene Schulgarten bietet den Biologielehrern am Geschwister-Scholl-Gymnasium allerdings ständig Anschauungsmaterial, das lehren kann, wie viel Natur etwa in einem Glas Marmelade oder Apfelmus steckt – oder im Zeitalter der industriell gefertigten Lebensmittel zumindest im Idealfall stecken sollte. Zudem können die Biologielehrer auch einen Teil ihres Unterrichts ins Freie verlegen. Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums erstellten zum Beispiel eine eigene Homepage, auf der sie die verschiedenen Ökosysteme genau beschrieben, die sie im Schulgarten vorfanden. Auch so kann an einer öffentlichen Schule Biologie unterrichtet werden, jenseits des von Reformpädagogen kritisierten Frontalunterrichts.

Der Garten könnte einem Schulbau weichen

Die Englischlehrerin Yvonne Göllner schickt ihre Schüler sogar zum Vokabellernen in den Schulpark. Wortschatz, der mit Natur zu tun hat, lasse sich so nicht nur auswendig lernen, sondern könne sich auch bildlich einprägen, sagt Yvonne Göllner. Auch sie unterstützt die Garten-AG beim Kochen des fruchtigen Brotaufstrichs. Denn an der Schule geht die Sorge um, dass der pädagogisch so vielfältig nutzbare Garten gefährdet ist.

Im Rahmen der geplanten Erweiterung und Sanierung des Gymnasiums könnte die Grünfläche einem neuen Schulbau weichen, lautet das Schreckensszenario vieler Lehrer am GSG. „Alle Lehrer sind sich einig, dass der Schulgarten erhalten werden muss“, sagt Peter Haas. Er verweist darauf, dass die Schule in der Vergangenheit sogar Auszeichnungen für ihren Garten bekomme habe. Statt den Garten einzuebnen, könnte bei einem Umbau die Schule doch ein neues Stockwerk erhalten und in die Höhe wachsen, sagt er. Der Lehrer will, dass auch künftige Schülergenerationen in der Mensaküche Quitten aus dem Schulgarten zu Gelee verkochen.