"Tübingen, warum bist du so hügelig" singen zwei Studentinnen aus der Neckarstadt - und werden damit zu Stars auf Youtube.

Tübingen - Normalerweise ist so ein Tübinger Sommer eher eine beschauliche Angelegenheit. Die Studenten flüchten zu Mama an den heimischen Küchentisch und die historischen Altstadt bleibt den Touristen überlassen. Doch in diesem Jahr ist etwas anders: An jeder Straßenecke trällert einem ein Song entgegen, mit dem die Studentinnen Martha Herbold und Frauke Spranz aktuell im Internet für Furore sorgen: „Tübingen, warum bist du so hügelig?“. Auf der Plattform Youtube erreichte das Video innerhalb von nur vier Wochen mehr als 115.000 Klicks und ist damit schon ein kleiner Hit.

 

„Wir hätten nie vermutet, dass eine so kleine Idee so große Wellen schlagen würde“, berichtet die 24-jährige Martha Herbold überwältigt. Eigentlich müsste die Rhetorikstudentin Frauke Spranz in diesen Wochen aufs Latinum lernen, aber die Zeit ist knapp - und die Mädels gefragt. Die Medien geben sich die Klinke in die Hand. Dabei trugen die beiden die Idee schon fast zwei Jahre mit sich herum, bevor der Clip veröffentlicht wurde.

„Zum Kompaktseminar mussten wir im Winter über Glatteis zum Schlossberg hoch“, erzählt Frauke. „Und als wir oben ankamen, hatten wir schon den Refrain.“ Ab dann wurde nach und nach gebastelt, recherchiert und ausprobiert. Herbolds Bruder ist Musikproduzent und half bei den Aufnahmen; die Spezialeffekte steuerte ein Freund bei.

Herausgekommen ist ein Lied, das die beiden liebevoll dem selbst kreierten Genre „Schlager-Trash-Asi-Folk“ zuordnen. In knapp vier Minuten tanzen sich Martha, Frauke und ein Querschnitt aus der Tübinger Studentenschaft durch das schwäbische Städtchen - und beklagen sich über dessen Topographie. Mit dabei sind ein knappes Dirndl, eine kleine Party-Pauke und ein pinkfarbener Plastikdrache. Sogar der Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) gibt sich die Ehre: Er lief bei den Dreharbeiten zufällig vorbei und stellte dafür auch sein Elektrofahrrad beiseite - Tübingen ist tatsächlich sehr hügelig.

„In Tübingen ist irgendwie jeder immer hoch reflektiert“

Erstaunlich ist vor allem die Diskrepanz von professioneller Bearbeitung und absoluter Trivialität des Inhalts. „In Tübingen ist irgendwie jeder immer hoch reflektiert“, sagt Martha Herbold. „Selbst diejenigen, die sich davon abgrenzen wollen, tun das gut überlegt.“ Deshalb hätten sie einfach mal die Luft aus der Dunstglocke der Universitätsstadt lassen wollen. „Buxen, Streber, Wohlstands-Ökos, Freaks und Zecken - alle diese Tübinger Gruppen kämpfen in gemeinsamer Freakshow gegen die Hügel an“, lacht die Studentin der Medienwissenschaft. Für sie hat sich der Dreh schon in vielfacher Weise gelohnt: Neben Autogrammstunden auf der Straße ist das Video als Projektarbeit mit einer glatten 1,0 bewertet worden.

Wer allerdings versucht, Martha Herbold in Tübingen anzutreffen, hat es zurzeit schwer. Die 23-jährige ist nämlich gerade in Hannover und bereitet die Veröffentlichung einer Remix-CD vor. Die Erlöse sollen an die Kinder- und Jugendpsychiatrie gespendet werden. Doch der Ausflug in den Norden hat noch einen ganz anderen Grund: Natürlich sind es die Sommerferien in der Heimat - dem geliebten Flachland.