Mit den Grenzen zwischen Klassik, Weltmusik, Jazz und Pop hält sich der
Perk ussionist Martin Grubinger nicht auf. Der gern mal als Wunder-Drummer Titulierte hat sich im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle mit einem großen Schlagzeugensemble quer durch die Stile gespielt.

Stuttgart - Es hat oft mit charismatischen Musikern zu tun, wenn plötzlich Instrumente in den Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit rücken, die bis dahin eher ein Schattendasein geführt hatten. James Galway gelang dies einst mit der Flöte, Sabine Meyer mit der Klarinette, und auch der aktuelle Boom des Schlagzeugs hat einen Namen: Martin Grubinger. Der Salzburger füllt weltweit die größten Säle und erreicht (spätestens seit seinem Auftritt beim Eurovision Song Contest 2015) auch Menschen, die sich weniger für klassische Musik interessieren. Das dürfte daran liegen, dass Grubinger neben zeitgenössischen Kompositionen auch niederschwellige Angebote im Programm hat. Wie bei seinem aktuellen Projekt „The Percussive Planet Ensemble“, mit dem er am frühen Sonntagabend im fast ausverkauften Beethovensaal aufgetreten ist.

 

Der Titel deutet schon an, dass es hier um Weltmusik geht: Der Abend solle einen Überblick über das geben, was in den letzten 100 Jahren im Bereich Perkussion auf der Welt passiert ist, sagte Martin Grubingers gleichnamiger Vater, der auch die Arrangements schrieb und erklärte, es gehe im Programm unter anderem um aztekische Götter, den Clash der Religionen und aufeinander zurasende Züge. Und wünschte viel Spaß auf der „Achterbahn der Emotionen“. Dass diese über weite Strecken des Abends eher ein geräuschvoller Bummelzug war, lag vor allem am Fehlen einer schlüssigen Dramaturgie, die dem gut 130-minütigen Abend (ohne Pause!) so etwas wie klare Struktur hätte geben können.

Restlos voll mit Schlaginstrumenten

Das Gerüst, an dem sich das Programm entlang hangelte, bildeten nämlich Jazz-Standards wie „Watermelon Man“, „Peter Gunn Theme“ oder „Afro-Blue“ und „Trains“, die von der achtköpfigen Jazzband durchaus versiert gespielt wurden, aber durch die Ergänzung des Drummers um weitere sechs Perkussionisten nicht unbedingt an Qualität gewannen. Die Schlagzeuger waren über die ganze, von Schlaginstrumenten aller Art restlos voll gestellte Bühne verteilt, ein Dauergeklöppel, das mitunter nahe an den Perkussions-Overkill herankam, und auch nicht immer wirklich im Groove, dem mit Händen und Füßen in der Mitte dirigierenden Grubinger senior zum Trotz.

Auch das Ethnische blieb hier überwiegend Dekor. Wirklich spannend wurde es dann, wenn die Schlagzeuger, allesamt Meister ihres Fachs, in kleineren Besetzungen spielten. Sehr eindrucksvoll Rhani Krija, der auf den marokkanischen Trommeln mit polyrhythmischen Raffinessen verblüffte, und auch Martin Grubinger zeigte mit einer atemberaubenden Accelerando-Etüde auf der kleinen Trommel dass er nicht umsonst einen Ruf als Wunderdrummer besitzt. Am Ende gab es dafür auch Ovationen im Stehen des restlos begeisterten Publikums.