Sich selbst hat Rothblatt ja bereits neu erschaffen – als Wesen, wie sie glaubt, das die Geschlechtergrenzen hinter sich gelassen hatt. „Genitalien sind genauso irrelevant wie die Hautfarbe“, sagt sie. Doch die Geschlechtergrenze ist nicht die einzige, die Rothblatt für überholt hält.  Sie ist Vertreterin des Transhumanismus –   einer kalifornischen Bewegung, die daran glaubt, dass wir mit Hilfe der Technik unsere biologischen Beschränkungen überwinden können. In der transhumanistischen Zukunft gibt es keine Krankheiten und kein Alter mehr. Nicht einmal sterben müssen wir noch.  

 

Die Ehefrau als Roboter

Diesen Marsch in die Unsterblichkeit hat Rothblatt bereits angetreten. In Vermont steht ein Roboter, der den Geist und die Seele ihrer Ehefrau Bina Aspen, die sie vor 32 Jahren – noch als Mann – geheiratet hat, auf seiner Festplatte gespeichert hat. Wenn das Experiment gelingt, dann soll es möglichst global Schule machen: Rothblatt sieht eine Zukunft, in der die gesammelten Bewusstseinsinhalte der Menschheit auf Server geladen werden und das biologische Leben auf Erden überflüssig machen. Bis dahin ist es freilich noch weit. Die künstliche Bina kann trotz einem riesigen Datenspeicher aus den Erinnerungen und Gedanken der echten Bina noch kaum einen kohärenten Gedanken formulieren.

Schon längst Realität ist hingegen Rothblatts Businessimperium, zu dem neben Sirius auch eine Pharmafirma gehört, die sie gegründet hat und an der sie 7,5 Prozent Anteile besitzt. United Therapeutics sollte eine seltene Atemwegserkrankung ausrotten, von der Rothblatts Tochter betroffen war. Das gelang zwar bisher nicht, aber immerhin entwickelte man einige Medikamente, um die Symptome zu lindern. Doch die Kapitalisierung des Unternehmens beruht noch immer auf dem Versprechen eines großen Durchbruchs. Und Martine Rothblatts Salär ist fix an den Börsenkurs geknüpft. So fügen sich die große philosophische Vision und das Marketing trefflich zusammen. Es ist der kalifornische Weg, und es gibt wohl kaum jemanden, der ihn so repräsentiert wie Martine Rothblatt.