Spinner Automation aus Markgröningen ist klein, aber außergewöhnlich. Der Chef des jungen Unternehmens ist nicht nur Maschinenbauer, sondern im Zweitberuf auch überzeugter Biolandwirt.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Markgröningen - Wenn Dominik Jauch über seine Firma spricht, kommt er richtig in Fahrt – und bleibt dennoch locker. Weder jammert er über die Zeitläufe, noch klopft er billige Werbesprüche. Doch so sehr er mit Leib und Seele bei der Sache ist – manchmal lässt der geschäftsführende Gesellschafter von Spinner Automation sogar im eigenen Unternehmen anderen den Vortritt. Etwa bei der Einstellung von Mitarbeitern: „Ich arbeite mit den Neuen nicht in der Fabrikhalle zusammen, es hätte also keinen Sinn, wenn ich mich einmischen würde“, sagt der Chef des Unternehmens aus Markgröningen. Stattdessen zählt das Votum des Teams, zu dem der oder die Neue künftig gehören soll. „Die Bewerber arbeiten einen Tag mit, dann entscheidet das Team“, erzählt Jauch.

 

Gefragt wird er natürlich schon: „Als unsere Konstrukteure meinten, sie bräuchten einen neuen Mitarbeiter, sind sie erst zu mir gekommen und wollten wissen, wie ich die weitere Entwicklung und die Auftragslage beurteile.“ Bei Spinner gibt es keine festen Fachabteilungen, sondern Teams für Projekte. „Das macht das Unternehmen flexibler.“ Was er damit meint, erklärt der Firmenchef anhand einer schnellen Skizze über hierarchische Unternehmensstrukturen.

„Die Kollegen aus den einzelnen Abteilungen müssen bei Problemen erst ihren Vorgesetzten fragen. Der muss sich mit anderen Vorgesetzten abstimmen – und nach oft langwieriger Prozedur deren Vorstellungen nach unten weitergeben. Bei Spinner ist das anders: „Wenn es ein Problem gibt, treffen sich die Mitarbeiter vom Programmierer über den Konstrukteur bis hin zum Mechatroniker direkt an der Maschine oder Anlage und suchen nach einer Lösung.“

Spinner Automation ist kein Startup – arbeitet aber wie eines

Damit soll vermieden werden, dass – wie es nach Jauchs Erfahrung noch in vielen Unternehmen üblich ist – eine Abteilung der anderen vorwirft, sie habe „Mist gemacht“, also etwa etwas konstruiert, was nicht oder nur recht teuer zu produzieren wäre. Gerne spricht der geschäftsführende Gesellschafter auch von „agilem Arbeiten“. Ein regelrechtes Startup ist das 2002 gegründete Unternehmen zwar nicht, die Atmosphäre im Unternehmen aber ähnelt einem solchen – und immerhin gibt es irgendwo auch große Sitzbälle. Der Maschinenbauer ist davon überzeugt, dass künftig in immer mehr Produktionsprozessen unvorhersehbare Probleme auftauchen. „Man kann etwas simulieren, aber es kann ganz anders kommen, man muss es ausprobieren.“

Wer jemals vom Gartenschlauch nass gespritzt wurde, weil dieser sich unerwartet drehte, weiß, was Jauch meint. Der Firmenchef zeigt eine kleine schwarze Scheibe, in die ein dünnes silbernes Kabel eingepresst wurde: „Der Roboter weiß nicht, wie er mit seinem Greifer zupacken muss, um die Scheibe und das Kabel zusammenzubringen.“ Die Lösung war ein Roboter mit zwei Greifern: Der eine hält die Scheibe, der andere angelt sich das Kabel.

Die Scheibe ist eine der vielen Komponenten, die in Anlagen für Autozulieferer stecken. Mit diesen Kunden macht das Unternehmen seit Jahren 50 bis 60 Prozent seines Umsatzes. Dabei geht es etwa um elektrische Lenksysteme. Weitere Abnehmer seiner Maschinen sind die Hersteller von Elektrowerkzeugen oder Unternehmen aus der Medizintechnik. Rund 70 Prozent des Umsatzes macht Spinner Automation im Inland, 20 Prozent in anderen EU-Staaten. „Unser Fokus liegt nicht auf dem Export“, sagt Jauch. „Wir wollen unseren Kunden helfen, so produktiv zu sein, dass sie weiter in Deutschland produzieren können.“

Nicht der Umsatz ist interessant, sondern der Ertrag

Ginge immer mehr Wertschöpfung ins Ausland, „dann schauen wir irgendwann in die Röhre“. Im laufenden Jahr wird der Umsatz wohl von 22 Millionen Euro auf 18 bis 19 Millionen Euro sinken, weil es 2018 etliche Sonderaufträge gab. Das ist aber immer noch mehr als 2017, als ein Umsatz von 14 Millionen Euro eingefahren wurde. Jauch – und auch das unterscheidet Spinner Automation von anderen Unternehmen – hat sich offenbar auch kein Umsatzziel für die nächsten Jahre gesetzt: „Nein“, heißt die Antwort auf die Frage, ob es eine Vorgabe für den Umsatz in fünf Jahren gebe. „Für mich ist nicht der Umsatz interessant, sondern der Ertrag“, meint Jauch. Doch auch die Umsatzkurve zeigt nach oben.

Vor zehn Jahren lag dieser gerade mal bei 4,6 Millionen Euro, die Zahl der Mitarbeiter ist seither von 23 auf 70 Beschäftigte gestiegen. Als Vater Manfred Jauch – ebenfalls noch geschäftsführender Gesellschafter – und Sohn Dominik das Unternehmen gründeten, hatten sie erst einen einzigen weiteren Mitstreiter an Bord. Manfred Jauch, der, wie es der Sohn sagt, „die schwäbische Todsünde begangen hatte, beim Bosch zu kündigen“, hatte sich mit einem Konstruktionsbüro selbstständig gemacht. Konstruiert wurde beispielsweise für die Spinner Werkzeugmaschinenfabrik in Sauerlach bei München.

„Diese suchte nach einem Partner für Automationslösungen“, berichtet Dominik Jauch. Der Sohn half nach Kräften, unterbrach sein Maschinenbaustudium und gründete zusammen mit seinem Vater Spinner Automation. Die Familie Jauch hält 74 Prozent an dem Unternehmen aus Markgröningen, die Bayern sind mit 26 Prozent beteiligt.

Teams statt starrer Abteilungen sorgen für Beweglichkeit

Dass Teams bei Spinner Automation viel zu sagen haben, war nicht immer so. „Am Anfang hat man sich quasi blind verstanden und konnte sich voll auf die Arbeit konzentrieren“, berichtet Dominik Jauch, „mit dem Wachstum wurde das Miteinander aber immer schwieriger und ich überlegte, was ich tun muss.“ Das Ziel: Es sollte wieder so sein wie in den Anfangsjahren. Die Lösung: Teams statt starrer Abteilungen. Auch Jauch selbst zeigt eine bemerkenswerte Flexibilität.

Montags, dienstags, donnerstags und freitags arbeitet er in Markgröningen, mittwochs und am Wochenende kümmert er sich zusammen mit seiner Frau um einen Bauernhof bei Rottweil. Diese hatte den Hof von ihren Eltern übernommen, 2014 zog der gebürtige Markgröninger in die Gegend von Rottweil. Auf 50 Hektar hält er 52 Angusrinder und ist Mitglied beim Ökoverband Bioland. Die Rinder indes sind nicht alles: Mit einem mobilen Hühnerstall wird das Federvieh nicht nur auf frisches Grünland, sondern auch vor Schulen gefahren. Dort erklärt seine Frau den Kindern dann etwas über die Landwirtschaft. Biobauer ist Jauch aus Überzeugung: „Wir können mit unseren kleinen Höfen doch nicht auf dem Weltmarkt konkurrieren“, meint er.

Der Biohof bei Rottweil ist kein Zuschussbetrieb

Doch viele konventionell wirtschaftende Landwirte hätten eine Mengenideologie im Kopf. „Die freuen sich, wenn sie viele Tonnen Weizen oder Schlachtvieh vorweisen können.“ Sie produzierten „auf Teufel komm raus und warten dann, bis ihnen das jemand abnimmt“.

Seine Landwirtschaft ist zwar auch ein Wirklichkeit gewordener Wunschtraum von Jauch, aber kein Zuschussbetrieb. „Der Hof trägt sich, aber er ist zu klein, um davon leben zu können.“ Auf dem Anwesen gibt es nicht nur einen Stall, sondern auch einen Hofladen. Der Unternehmer Dominik Jauch weiß, dass Verkaufen genauso wichtig ist wie Produzieren. „Wenn ich eine Maschine herstelle, muss ich auch einen Kunden dafür haben“, sagt der Maschinenbauunternehmer und Biobauer.