Sich immer wieder neu erfinden – das ist das Rezept des Maschinenbauers Schiller Automation von der Schwäbischen Alb. Früher produzierte man für Solarzellenhersteller oder die Produzenten von CDs – heute sind es etwa Autozulieferer oder Unternehmen der Medizintechnik.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Reutlingen - Auf der Schwäbischen Alb ist es meist einen Kittel kälter als etwa unten in Reutlingen. Das gilt auch für Orte, die dies in ihrem Namen eher ausblenden. Sonnenbühl etwa. Auch die Schiller Automation GmbH im Ortsteil Genkingen war schon so manchem kalten Wind ausgesetzt. Wohl auch deshalb sagt der geschäftsführende Gesellschafter Stefan Schiller heute: „Wir arbeiten für ganz unterschiedliche Branchen. Das ist wichtig“ – und anders als früher.

 

Heute sind Autozulieferer die wichtigsten Kunden des Unternehmens. Für diese werden Maschinen- und Anlagen für die Automatisierungstechnik hergestellt. So etwa für die Produktion von Sensoren, die Abstände messen. „Sensoren braucht man auch beim autonomen Fahren“, sagt Schiller, „egal, ob es sich um ein Auto mit Elektroantrieb oder mit einem Verbrennungsmotor handelt.“

Schiller Automation profitiert von der Elektromobilität

Die Maschinen und Anlagen von der Alb montieren schweißen, kleben, schrauben – und sie können auch aus einzelnen Batteriezellen eine komplette Batterie zusammenbauen. Damit ist das Unternehmen nicht nur beim Trend hin zur Elektromobilität mit von der der Partie, sondern auch, wenn etwa Sonnen- oder Windenergie gespeichert werden soll.

Mit Anlagen für die Automatisierung der Herstellung von LED-Beleuchtungen sieht man sich auf einem weiteren Wachstumsmarkt. „Die Automatisierung ist die einzige Möglichkeit für die Industrie, große Serien kosteneffektiv zu produzieren“, sagt Schiller. Sein Unternehmen liefert nicht nur Anlagen für andere, sondern montiert auch für Kunden als Lohnfertiger einzelne Teile zusammen.

Neue Herausforderungen gibt es für die heute 160 Beschäftigten oft nach dem Besuch eines Kunden. „So kommt beispielsweise ein Autozulieferer oder ein Hersteller von Medizintechnikprodukten zu uns, der ein neues Gerät oder einen neuen Sensor entwickelt hat und auf den Markt bringen will. „Und dann fragt er uns, ob wir dafür eine Maschine bauen können“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter, „bei uns ist deshalb fast nie etwas von der Stange“.

Ausfuhranteil von 30 bis 50 Prozent

Ähnlich ist es auch bei Kunden aus der Licht-und Lasertechnik, für die beispielsweise Anlagen zur Produktion von LEDS hergestellt werden oder bei Automatisierungsanlagen für die Produktion von Batterien. Ein erster Auftrag eines in der Medizintechnik tätigen Unternehmens wird im Augenblick bearbeitet. Der wichtigste Markt für das Unternehmen von der Alb ist Europa, exportiert wird aber auch in die USA oder nach China.

Abhängig von den jeweiligen Aufträgen liegt der Anteil der Ausfuhren zwischen 30 und 50 Prozent des Umsatzes. Natürlich sieht auch Schiller die weltwirtschaftlichen Risiken, doch die protektionistischen Bestrebungen etwa von US-Präsident Donald Trump schrecken ihn kaum: „Auch die amerikanische Industrie muss automatisieren, wenn sie konkurrenzfähig bleiben will“.

Doch obwohl das Unternehmen seine Maschinen und Anlagen rund um den Globus verkauft, legt man in Sonnenbühl Wert auf eine gewisse Bodenständigkeit. Für Stefan Schiller zeigt sich dies auch im Umgang mit den Mitarbeitern, für die es etwa je nach Lebensphase verschiedene Möglichkeiten der zeitlichen Flexibilität gibt. Die Beschäftigten kommen von der Alb, aber auch aus Reutlingen oder Tübingen: „Die Mitarbeiter, die zu uns rauf fahren stehen nicht im Stau wie Beschäftigte, die morgens zu Firmen nach Reutlingen runter fahren müssen“, sagt Schiller. Über einen Mangel an Fachkräften kann er sich nicht beklagen, im IT-Bereich aber gibt es offene Stellen. Probleme gibt es manchmal, wenn jemand mal für längere Zeit ins Ausland soll: „Die Reiselust bei den Beschäftigten ist heute nicht mehr so groß wie früher. Heute kommt man ja mit dem Billigflieger überall hin“.

Die Kunden sind heute vielfältiger als früher

So vielfältig wie heute war der Kreis der Kunden in der Vergangenheit nicht – zweimal schon musste das Unternehmen fast komplett nach neuen Märkten suchen. Vor zehn Jahren glaubte man sich in Sonnenbühl auf der Sonnenseite – mit Anlagen zur Herstellung von Solarzellen. Mit diesen wurden dreiviertel des Umsatzes erwirtschaftet – doch dann brach der Markt ein. Dies indes war nicht der erste Rückschlag. Schon vor dem Jahr 2000 wähnte man sich ebenfalls in einem Wachstumsmarkt – mit Maschinen für die Herstellung von CDs, DVDs oder Displays. Doch die Geschäfte liefen wegen einer sinkenden Nachfrage etwa für CDs immer schlechter und wurden 2013 aufgegeben.

Jetzt aber lacht offenbar wieder die Sonne über dem Automatisierungsspezialisten aus Sonnenbühl. „Wir sind stabil und solide unterwegs“, sagt Schiller. Der Umsatz soll dieses Jahr von 24 Millionen Euro auf mehr als 30 Millionen Euro steigen. Das 1978 von Sieghard Schiller in einer Garage in Sonnenbühl-Genkingen gegründete Unternehmen wurde nicht nur selbst zweimal umgekrempelt – es ist auch ein Beispiel für den Strukturwandel in der Region: Nach einem Zwischenspiel in Reutlingen konnte der Firmengründer 1985 das Gebäude der früheren Strickerei „Drei Kirschen“ in kaufen. Von der Textilindustrie auf der Schwäbischen Alb ist nur noch wenig übrig – statt dessen schafft die Automatisierungstechnik Arbeitsplätze.