Auf der Maschinenbauschau herrscht dichtes Gedränge. Von einer Krise ist hier nichts zu spüren - auch wenn die Kunden vorsichtig sind.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Branche strotzt vor Selbstbewusstsein. Auch wenn bei vielen Unternehmen die Auftragsbücher etwas dünner werden – auf der Maschinenbaumesse AMB in Stuttgart sind keine Klagelieder zu hören. Im Gegenteil: „Wir erleben hier die beste AMB seit Jahren“, sagt etwa Klaus Winkler, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Nürtinger Maschinenbauers Gebr.Heller GmbH. Die Lage ist gänzlich anders als bei der letzten Messe vor zwei Jahren. Damals saß vielen noch der Schock der Krise des Jahres 2009 in den Knochen, alle waren froh, auf der Maschinenbauschau überhaupt wieder dabei sein zu können.

 

Diesmal aber berichten die Aussteller fast unisono von guten Gesprächen, mehr Besuchern an den Ständen und einer immer noch hohen Investitionsbereitschaft bei den Kunden. In den Gängen mit Fräsmaschinen, Drehmaschinen, Bohrmaschinen, Werbefilmprojektionen und Maschinen, die gleich einer eierlegenden Wollmilchsau fast alles können, herrscht dichtes Gedränge. „Wir hatten nach drei Tagen soviel Besucher wie bei der letzten AMB nach fünf Tagen“, berichtet Martin Winterstein, Marketingleiter beim Göppinger Maschinenbauer MAG, zu dem die früheren Firmen Boehringer und Ex-Cell-O gehören. Das Unternehmen präsentiert nicht nur ein computergesteuertes Lernprogramm, etwa für Maschinenbediener aus der Dritten Welt, sondern kann auch noch auf einen Auftragsbestand von „acht bis neun Monaten“ hinweisen. Die Auftragseingänge werden in diesem Jahr zwar von 750 Millionen Euro auf 680 Millionen Euro sinken, für Winterstein ist dies aber eher ein Anzeichen einer Normalisierung nach einem regelrechten Boomjahr.

Heller-Chef Winkler spricht nach vier Messetagen von einer „gewissen Vorsicht“ bei manchen Kunden, ist sich aber ziemlich sicher, „dass in den nächsten Monaten weiter investiert wird.“ Die Nürtinger jedenfalls wollen ihre Produktion in diesem Jahr nochmals um 20 Prozent steigern und einen Umsatz zwischen 585 Millionen Euro und 600 Millionen Euro erreichen. Geschehen soll dies vor allem mit Maschine, die Drehen,Bohren und Fräsen können: „Der Kunde kann sich dann zusätzliche Maschinen sparen“, sagt Winkler zu seinem Angebot für viele Fälle.

Manche Unternehmen verblieben auf der Warteliste

Den größten Stand auf der Messe und den „größten, den wir jemals hatten“, allerdings hat kein schwäbischer Maschinenbauer aufgebaut. Die Gildemeister AG aus Bielefeld beweist damit nicht nur, dass es die Stadt anders als von bösen Zungen behauptet, tatsächlich gibt. „Wir stellen hier 40 Werkzeugmaschinen aus, davon sind acht Weltpremieren“, sagt Vertriebsvorstand Thorsten Schmidt zu den Superlativen aus Westfalen. „Wir werden auf der Messe an unserem Stand 5000 Besucher haben, ein zweistelliges Plus.“ Auch seine Maschinen können vieles in einem Arbeitsgang, so dass nicht immer wieder Werkzeuge und Werkstücke gewechselt werden müssen. Und zudem bietet Gildemeister Automatisierungslösungen an – Maschinen, die selbstständig arbeiten, gesteuert wie von Geisterhand: „Damit kann man eine komplette Schicht einsparen“, sagt Schmidt. Gekauft werde auch für Erweiterungen, nicht nur für Rationalisierungsinvestitionen. Die Auftragslage bezeichnet er als stabil, bis zum Ende des Jahres will Gildemeister 1,9 Milliarden Euro umgesetzt und zwei Milliarden Euro an Bestellungen in die Bücher geschrieben haben.

Auch Gerhard Böhm, Vertriebsdirektor beim Tuttlinger Maschinenbauer Chiron-Werke oder Ewald Seifried vom Maschinenbauer Hermle AG im nahen Gosheim berichten über eine gute Stimmung auf der Messe. „Vielleicht gibt es eine gewisse Abkühlung“, meint Böhm. Und sein Kollege Seifried erinnert daran, dass Optimismus allein noch nichts nützt. „Alle sind gut ausgebucht, doch das war vor vier Jahren ähnlich“ – wenige Tage nach der Messe schlitterte der Maschinenbau in seine bisher tiefste Krise. Doch gerade wer sich an diese Krise erinnere, der könne „unmöglich sagen, wir haben jetzt schlechte Zeiten“, meint Michael Heinrich, vom Werkzeughersteller LMT Group aus Oberkochen auf der Ostalb. Das Unternehmen (Umsatz 310 Millionen Euro, 1800 Beschäftigte) verbuchte im der ersten Jahreshälfte noch ein Wachstum, doch „seit den Ferien wird es spürbar ruhiger“, sagt Heinrich.

Auch die Walter AG aus Tübingen (4000 Mitarbeiter, angestrebter Umsatz für 2012 mehr als 600 Millionen Euro) stellt Werkzeuge für Maschinen her. Seinen Optimismus unterstreicht Unternehmenschef Mirko Merlo nicht nur mit dem Hinweis, er sehe keine Krise, sondern auch mit den „20 Millionen Euro, die wir in diesem Jahr allein in Münsingen investieren“.

Auf der Stuttgarter Messe drängeln sich nicht nur die Besucher. So manches Unternehmen musste sich mit einem Platz auf der Warteliste zufrieden geben und manche Aussteller haben für Gespräche mit Besuchern ein zusätzliches Stockwerk hochgezogen. Für Michael Heinrich jedenfalls ist spätestens seit dieser Messe eines eindeutig: „Die AMB ist zwar noch keine Messe wie die EMO, aber sie macht die Düsseldorfer Metav überflüssig“.