Bei Voith sollen in der Produktion von Papiermaschinen sowie in der Verwaltung Stellen gestrichen werden. Künftig wolle man sich auf den Trend Industrie 4.0 konzentrieren, bei dem das Internet in die industrielle Produktion integriert wird.

Stuttgart - Der Heidenheimer Maschinenbauer Voith plant einen umfangreichen Konzernumbau. So sollen aufgrund einer anhaltenden Marktschwäche in der angestammten Produktion von Papiermaschinen sowie in der Verwaltung Stellen gestrichen werden. Zudem will sich Voith nach den Worten von Hubert Lienhard, dem Vorsitzenden der Konzerngeschäftsführung, „wieder zu seinen industriellen Wurzeln zurückbewegen“.

 

Das bedeutet aus seiner Sicht eine verstärkte Konzentration auf den Zukunftstrend Industrie 4.0, der eine Integration des Internets in die industrielle Produktion verlangt und die unmittelbare Kommunikation von Maschinen und Robotern ermöglicht. Lienhard: „Die Möglichkeiten der Digitalisierung und Vernetzung werden den gesamten industriellen Wertschöpfungsprozess verändern. Wir sind überzeugt davon, dass die Veränderung unumkehrbar ist und große Chancen für unser Unternehmen bietet.“

Das Marktvolumen hat sich halbiert

Lienhard verwies am Montag bei einer Telefonkonferenz immer wieder auf den Einstieg bei dem Augsburger Roboterhersteller Kuka, der Voith jetzt zu 25,1 Prozent gehört. Voith hat nach seiner Einschätzung noch Nachholbedarf auf Gebieten wie Sensorik und Software. Wie die Schwachstellen behoben werden sollen, wollte Lienhard nicht sagen. Kein Platz mehr ist deshalb im Konzernportfolio für die industriellen Dienstleistungen, die Voith in der Vergangenheit nach Lienhards Einschätzung zwar Volumen, aber keinen Knowhow-Gewinn gebracht haben.

Im Papiermaschinenbau, der größten Sparte von Voith, hat sich das Marktvolumen seit dem Geschäftsjahr 2004/05 – das Voith-Geschäftsjahr endet am 30. September – auf 1,7 Milliarden Euro halbiert. Auch bei den Heidenheimern hat sich das Niveau abgeschwächt. Voith will deshalb die Standorte Krefeld, Neuwied und Ravensburg komplett schließen sowie in St. Pölten in Österreich das Papiergeschäft – die Sparten Hydro und Turbo bleiben – und in Heidenheim den Stahlbau und die mechanische Fertigung aufgeben. Hierdurch werden 1000 der 8400 Arbeitsplätze entfallen. Voith will den Abbau bis zum Ende des Geschäftsjahres 2015/16 umgesetzt haben. Dabei soll nach Lienhards Worten nach Möglichkeit auf Entlassungen verzichtet werden, aber der Chef glaubt nicht, dass dies möglich sein wird.

Im Geschäftsjahr 2014/15 wird Voith rote Zahlen schreiben

An den Papiermaschinen will Lienhard festhalten, dabei aber auch einen Schwenk vollziehen: weg von den immer weniger gefragten Großanlagen, hin zu den kleineren, flexibleren Maschinen. Eine Gruppe von etwa 100 Ingenieuren arbeitet an dem Projekt. Das ändert nach Lienhards Worten aber nichts an dieser Erkenntnis: „Wir sind einfach zu groß für die 500 Millionen Euro.“ Auch in der Verwaltung soll gespart werden. Weltweit sollen 720 von 5000 Jobs in der Verwaltung gestrichen werden; davon sind 140 Stellen dem Papiermaschinenbereich zugeordnet und in den entsprechenden Abbauzahlen bereits enthalten. Zu den Maßnahmen gehört auch die Bildung von ausgelagerten Dienstleistungseinheiten (Shared Service Center). Für Einkauf, Personalarbeit und Buchhaltung sind weltweit vier Einheiten geplant, von denen drei in Südamerika, Nordamerika und Asien entstehen sollen.

Für den Personalabbau rechnet Lienhard mit Kosten in dreistelliger Millionenhöhe, die bereits komplett bis zum Halbjahr im Jahresabschluss 2014/15 berücksichtigt werden sollen. Der Chef erwartet deshalb zum Halbjahr und auch im Gesamtjahr einen Verlust. Operativ werden nach seinen Worten alle Sparten in den schwarzen Zahlen sein – auch die Papiermaschinen, die im Vorjahr neun Millionen Euro Gewinn verbuchen konnten.

Die Dienstleistungen gibt Voith ab

Durch die Trennung von den industriellen Dienstleistungen wird Voith 18 000 Mitarbeiter und 1,2 Milliarden Euro Umsatz abgeben. Die Sparte hat ihren Schwerpunkt in der Autoindustrie und umfasst dort eher einfache Tätigkeiten wie Wartung, Montage und Reparaturservice zur Unterstützung der Autobauer. Das passt nicht mehr zu dem neuen stark technikorientierten Ansatz. Der Verkaufsprozess soll jetzt eingeleitet werden. Ob Voith Industrial Services als Einheit oder in zumindest zwei Teilen verkauft wird, ist nach Lienhards Worten noch nicht entschieden.

Durch den Abbau von insgesamt 1600 der gut 39 000 Arbeitsplätze will Voith 250 Millionen Euro sparen, die vom Geschäftsjahr 2016/17 an voll ergebniswirksam sein sollen. Im Geschäftsjahr 2013/14 kam Voith auf 5,3 Milliarden Euro Umsatz und 41 Millionen Euro Jahresüberschuss.