Eine Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen, Masken im Schulunterricht, vielleicht eine Sperrstunde und Alkoholverbote – der Kreis und die Stadt Ludwigsburg reagieren auf die steigenden Coronazahlen. In den Kliniken droht ein erneuter Besucherstopp.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Kreis Ludwigsburg - Eine Ausweitung der Maskenpflicht auf öffentliche Plätze, Masken im Schulunterricht, vielleicht eine Sperrstunde und Alkoholverbote – der Kreis und die Stadt Ludwigsburg haben ein umfangreiches Maßnahmenbündel zur Eindämmung des Coronavirus vorbereitet. Am Montag hat das Landratsamt einen Teil des Pakets mit den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern der Kommunen abstimmt. „Es herrscht Konsens, dass wir jetzt etwas unternehmen müssen“, sagt der Landrat Dietmar Allgaier.

 

Die aktuellen Zahlen

Der Zeitdruck ergibt sich aus den aktuellen Fallzahlen. Nach einer deutlichen Zunahme der Neuinfektionen in den vergangenen Tagen rückt der Grenzwert, der zum Handeln zwingt, immer näher. Der Landkreis Esslingen ist längst Corona-Hotspot, auch in Stuttgart wurden erstmals seit dem Frühjahr der Sieben-Tages-Grenzwert überschritten und die nächste Corona-Warnstufe aktiviert. Bald, daran besteht kein Zweifel, ist der Kreis Ludwigsburg an der Reihe: Am Montag lag dort die sogenannte Inzidenz pro 100 000 Einwohner bei einem Wert von 43, das heißt: umgerechnet auf 100 000 Einwohner wurden 43 Neuinfektionen innerhalb der letzten sieben Tage registriert.

Der Grenzwert liegt bei 50 Neuinfektionen. „Wir werden diesen Wert in den nächsten Tagen erreichen, das können wir nicht verhindern“, sagt Allgaier.

Was kommt auf die Bürger zu?

Um auf den Tag X vorbereitet zu sein, hat der Landrat am Montagnachmittag mit den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern des Landkreises ein erstes Maßnahmenpaket geschnürt – die einzelnen Regelungen werden in Kraft gesetzt, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz die 50 überschreitet. Von da an wird die Maskenpflicht auch auf öffentlichen Plätze im Freien gelten, etwa in Fußgängerzonen, auf Wochenmärkten, Weihnachtsmärkten. „Letztlich überall, wo ein Abstand von 1,50 Meter zwischen den Menschen nicht gewährleistet werden kann“, so Allgaier.

Auch die Bestimmungen für private Feste werden verschärft. In öffentlichen oder angemieteten Räumen dürfen dann nur noch maximal 25 Menschen gemeinsam feiern, in privaten Räumen zehn.

Was plant die Stadt Ludwigsburg?

Sobald der Sieben-Tages-Grenzwert überschritten ist, übernehmen in Deutschland die Landkreise die Federführung beim Infektionsschutz. Die einzelnen Kommunen können darüber hinaus jedoch eigene, schärfere Verfügungen erlassen. Das ist sinnvoll, weil sich das Infektionsgeschehen in dünn besiedelten Landstrichen anders entwickelt als in Ballungszentren. Ludwigsburg, als größte Stadt des Landkreises, nähert sich ebenfalls der Grenze von 50 Neuinfektionen innerhalb der letzten sieben Tage an, und bereitet deshalb ein eigenes Maßnahmenbündel vor.

Zwei Ansätze werden diskutiert: ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen, an denen erfahrungsgemäß viele Menschen zusammen kommen – wie etwa auf dem bei Jugendlichen beliebten Akademiehof. Und die Einführung einer strengen Sperrstunde wie in Berlin oder Frankfurt, wo Bars und Restaurants Corona bedingt um 23 Uhr schließen müssen. Beides soll helfen, die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu bremsen. An diesem Dienstag will das Rathaus eine Entscheidung fällen. Eine Sperrstunde halte er für „sehr wahrscheinlich“, sagt der Bürgermeister Konrad Seigfried. Das Alkoholverbot sei zwar schwieriger umzusetzen, aber allen Beteiligten sei klar: „Wir müssen die Zahl von Veranstaltungen und Feiern deutlich herunterfahren.“

Was droht in den Schulen?

Noch schreckt das Landratsamt vor einer allgemeinen Maskenpflicht im Unterricht zurück. Das jetzt beschlossene Maßnahmenpaket beinhaltet aber eine Empfehlung an alle Schulen, den Schülern das Tragen einer Maske vorzuschreiben. „Die Schulen sollen das selbst entscheiden können“, sagt Allgaier. Ob es dabei bleibe, hänge vom Verlauf der Pandemie ab.

Schon jetzt ist das Virus in den Schulen auf dem Vormarsch. Aktuell sind sieben der 140 Schulen, die in den Zuständigkeitsbereich des Staatlichen Schulamts Ludwigsburg fallen, von Teilschließungen betroffen. Das bedeutet, dass einzelne Klassen oder Lehrer in Quarantäne sind. Besonders hart hat es die Grundschule in Oberriexingen getroffen. Sie muss mindestens bis Mittwoch komplett geschlossen bleiben, weil eine Lehrkraft an Covid-19 erkrankt ist, die direkten Kontakt zu gleich mehreren Schulklassen hatte.

In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt hat die Stadt sich daher zu diesem drastischen Schritt entschlossen. Die Zeit bis Mittwoch werde man nutzen, „um einen geordneten Schulbetrieb für die kommenden Tage vorbereiten zu können, sofern es keine neuen Infektionsfälle gibt“, sagt der Bürgermeister Frank Wittendorfer.

Wie reagieren die Kliniken?

Noch ist die Situation in den Krankenhäusern gut beherrschbar. In Bietigheim-Bissingen werden drei, in Ludwigsburg zehn Covid-19-Patienten behandelt. „Zwei dieser Patienten müssen beatmet werden“, sagt Alexander Tsongas, der Sprecher der Regionalen Kliniken Holding RKH. Zur Hochphase im Frühjahr hingen allein in Ludwigsburg fast hundert Patienten an Beatmungsgeräten.

Gleichwohl wird die RKH voraussichtlich bald auf die steigenden Fallzahlen reagieren. In den Häusern der Holding in Mühlacker und Neuenbürg wurde am Montag ein genereller Besucherstopp verhängt – unter anderem, weil in den Kommunen der 7-Tage-Grenzwert überschritten wurde. Sobald dies in Ludwigsburg geschieht, werden wohl auch dort keine Besucher mehr ins Krankenhaus dürfen. „Jeder Besucher bedeutet ein erhöhtes Risiko für unsere Patienten und Mitarbeiter“, sagt Tsongas. „Deswegen müssen wir zu solchen Maßnahmen greifen.“