Bei Erna & Co. werden Schwaben schwach. Statt Currywurst mit Pommes gibt es im gleichnamigen Imbisswagen Spätzle mit Soß’, Maultaschen mit Kartoffelsalat, Saitenwürstle mit Linsen und andere schwäbische Gerichte.

Feuerbach - In den 1960er oder 70er Jahren gab es am Imbissstand entweder Currywurst mit Fritten, heiße Bockwurst oder eine „Rote“ vom Grill. Wie wäre es mal mit etwas ganz anderem: gute schwäbische Hausmannskost, aber schnell auf die Hand.

 

So paradox dies klingt: Die Idee hatten die beiden Stuttgarter Jungunternehmer Frédéric Bierbrauer und Florian Romer nicht zu Hause, sondern in der Fremde. Und so beginnt das erste Kapitel dieser schwäbischen Erfolgsgeschichte auf einem anderen Kontinent. Irgendwann vor Jahren waren Bierbrauer und Romer in Kanada unterwegs. Auf ihrem Roadtrip durch Städte wie Montreal und Toronto machten die Kumpel immer mal wieder an einem der vielen Küchenwagen am Straßenrand halt. Aber allzu kreativ schienen die Köche der dortigen Food-Trucks jedenfalls nicht gewesen zu sein.

Mit jedem Hotdog wuchs die Lust auf heimische Küche

Nach dem etwa hundertsten Hotdog sagte Bierbrauer: „Wie schön wäre es, jetzt ein paar Maultaschen mit Kartoffelsalat auf dem Teller zu haben. Es war die klassische Sehnsucht nach zu Hause“, meint er im Rückblick. Und es war die Initialzündung für Erna & Co. Fortan beschäftigten sich Romer und Bierbrauer, beides diplomierte Betriebswirtschaftler, mit dem Gedanken, statt zu namhaften Wirtschaftsunternehmen auf die Straße zu gehen und dort schwäbische Spezialitäten anzubieten. Im März 2011 waren sie soweit, das Konzept in die Tat umzusetzen. Sich selbstständig zu machen, schien ihnen irgendwie spannender und verheißungsvoller zu sein, als in einem Großbetrieb zu versauern.

Mütter und Omas wurden zu Rate gezogen

Fortan feilten und tüftelten sie an ihrem Konzept. Bei den Maultaschen-Rezepten und der Kartoffelsalat-Zubereitung wurden Mütter und Omas zu Rate gezogen. Anschließend wurden die Familienrezepte noch verfeinert. Auf künstliche Geschmacksverstärker wie Brühwürfel oder ähnliches verzichten die beiden gänzlich. Und damit auch Vegetarier ihren Kartoffelsalat essen können, „ist er mit Gemüsebrühe zubereitet“, sagt Bierbrauer.

Inzwischen halten sie zu dritt die mobile Geschäftsidee am Laufen. Zum 30-jährigen Frédéric Bierbrauer und 29-jährigen Florian Romer gesellte sich der 35-jährige Christian Gohl dazu. Als Trio organisieren sie den Betrieb. Beharrlichkeit ist neben anderen schwäbischen Tugenden gefragt. Denn Erna hatte Anlaufprobleme. „Der Schwabe ist erstmal skeptisch, vor allem wenn es um seine Nationalheiligtümer geht. Als solche betrachtet er nämlich gute Maultaschen und Kartoffelsalat. Es muss halt schmecken wie zu Hause“, so Bierbrauer. Dass Essen auf Rädern diesen häuslichen Qualitätsansprüchen gerecht wird, konnten viele Kunden zunächst nicht glauben: „Wir haben die Skeptiker probieren lassen und sie so angefüttert“, sagt Bierbrauer und schmunzelt. Nach und nach erwuchs daraus eine Stammkundschaft. „Erst reagiert der Schwabe skeptisch, aber wenn man ihn einmal überzeugt hat, ist er der treuste und loyalste Kunde, denn man sich vorstellen kann.“

Auf der Suche nach neuen Herausforderungen

An diesem Mittwochmittag steht Erna vor dem Feuerbacher Gospelforum nahe dem MKI-Gelände an der Junghansstraße. Um die Mittagszeit steuern Beschäftigte aus der Umgebung zielsicher auf Erna zu. „Die Maultaschen mit geschmälzten Zwiebeln, Brat- oder Pilz-Rahmsoße?“, fragt Lisa Schaal einen Kunden. Bierbrauer bereitet die Maultaschen vor, Schaal gibt Kartoffelsalat und Soße dazu. Gefragt sind auch Fleischküchle oder Klassiker wie „Saiten mit Linsen“ oder „Spätzle mit Soß’“. „Aktuell sind wir auf Expansionskurs und suchen deshalb nach Geschäftsflächen in zentraler Lage“, sagt Bierbrauer. Das Erfolgsrezept soll beibehalten werden: „Schwäbische Küche in schneller Verfügbarkeit.“