Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Die Dokumente zeigen, dass Ramsauer alle Warnungen seiner Mitarbeiter in den Wind geschlagen und ein Machtwort gesprochen hat. Seine skeptischen Beamten sind folgsam. Man werde zügig Verhandlungen mit Toll Collect mit dem Ziel aufnehmen, den Betriebsvertrag „um drei Jahre zu verlängern“, heißt es in der Ministervorlage. Und weiter: Das Mautsystem werde zwar neu ausgeschrieben, jedoch nicht mehr vor den Bundestagswahlen. Auch die Verhandlungen über die Beilegung der strittigen Schiedsverfahren seien „nach der Entscheidung durch Herrn Minister vom 12. Dezember d. J. beendet worden“. Damit wischte Ramsauer die rasche Übernahme durch den Staat vom Tisch, die im Wahlkampf kritische Fragen zur Bilanz des Mautsystems und der Schiedsverfahren ausgelöst hätte. Nicht nur seine Beamten sehen das mit großer Skepsis.

 

Durch das Veto Ramsauers mache sich der Bund „wirtschaftlich in fataler Weise von Daimler und der Telekom abhängig“, kritisiert der Verkehrsexperte der Grünen, Anton Hofreiter, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags. Denn später sei die staatliche Übernahme von Toll Collect kaum noch möglich, ohne hohe Mautausfälle zu riskieren, falls sich die Konzerne querstellen und nicht kooperieren. Bei der nun beabsichtigten Vertragsverlängerung könnten die Unternehmen „jetzt faktisch die Konditionen diktieren“, warnt der Politiker. Die Toll-Collect-Probleme sollen den Wählern offenbar so lange wie möglich verborgen bleiben. Als wahltaktisches Manöver kann man auch den Termin für die nächste Sitzung des Schiedsgerichts werten. Erst am 30. September, und damit nach den Bundestagswahlen ( 22. September), soll der peinliche Milliardenstreit um das schiefgelaufene Projekt wieder verhandelt werden.