Das Jugendprojekt „Mazel Tov“ gegen Antisemitismus macht Station in der Gotthard-Müller-Schule. Es geht dabei auch um heikle Themen.
Welche Alltagsgegenstände gehen auf jüdische Erfinder zurück? Wann ist man von Geburt an jüdisch? Wer schrieb den Song „Oktober in Europa“? Diese und andere Fragen haben Nina Coenen und Sami Alkomi mit in die Gotthard-Müller-Schule gebracht, um mit Schülern der zehnten Klasse ein humorvolles TED-Quiz mit ernstem Hintergrund zu machen. Dass es solche Formate gegen Antisemitismus braucht, belegt auch der Besuch in der Bernhauser Gemeinschaftsschule.
Die meisten Prüfungen für die Mittlere Reife haben die Schüler der Abschlussklasse schon hinter sich. Die mündliche Hürde steht noch aus. Die, die trotz Prüfungsstress an diesem Vormittag noch am Unterricht teilnehmen, scheinen auf das Quiz rund um das Thema Judentum aber ziemlich gut vorbereitet zu sein. Wie die Gemeinschaftskundelehrerin Nena Njezic vor Beginn der Doppelstunde erzählt, seien an diesem Vormittag Schüler ganz verschiedener Glaubensrichtungen in der Klasse vertreten: Christen, Orthodoxe, Muslime. „Einige davon sind auch sehr religiös“, erzählt sie.
Antisemitismus ist in deutschen Schulen weit verbreitet
Antisemitismus ist in deutschen Schulen weit verbreitet. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Nahost. Der bundesweit agierende Verein Bürger Europas hat deshalb mit Unterstützung des Bundesbeauftragten für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, das Jugendprojekt „Mazel Tov“ (hebräisch für „viel Glück“) aus der Taufe gehoben.
„Mazel Tov“ ist ein Dialog- und Quizformat für Schüler ab der achten Klasse, dessen Ziel es ist, „Wissen über das Judentum spielerisch zu vermitteln und dadurch mit den Schülern ins Gespräch zu kommen“, wie es heißt. Die Fragen werden mit Hilfe von TED-Geräten im Stil von „Wer wird Millionär“ beantwortet. Kleine Preise schaffen zusätzlichen Anreiz, die richtige Antwort zu finden.
Themenschwerpunkte des Formats, erklärt Nina Coenen vom Verein Bürger Europas, seien jüdische Traditionen, Erinnerungskultur und der Nahost-Konflikt. Coenen und der aus Syrien stammende Sami Alkomi führen an diesem Tag durch das Quiz mit den Schülerinnen und Schülern aus Filderstadt. Sie sind damit in ganz Deutschland unterwegs.
Auffällig ist: Auch auf schwierige Fragen werden viele in den kommenden 90 Minuten die richtigen Antworten wissen. Zum Beispiel die, dass man nur dann von Geburt an jüdisch ist, wenn die Mutter dieser Glaubensrichtung angehört. Ins Judentum konvertieren sei allerdings sehr schwierig, erfahren die Schüler: „Man muss zuvor 613 Regeln lernen“, erläutert Nina Coenen. „Das kann bis zu vier Jahre dauern“, ergänzt Alkomi.
Streitgespräch um die Bombardierung durch Israel
Die meisten Schüler scheinen viel Spaß an dem Quiz zu haben. Als es um den Konflikt zwischen Israel und der Hamas geht, kippt die Stimmung allerdings merklich. Eine junge Muslima kritisiert beim Thema Gaza die Bombardierung durch Israel, vor allem „dass dabei Kinder und Frauen sterben“, wie sie sagt. Sie ist der Meinung, dass Israel nicht wolle, „dass Gaza existiert“. Klar ist: Jetzt ist ein heikler Punkt erreicht. Coenen und Alkomi versuchen nachdrücklich deutlich zu machen, dass es für diese letzte Aussage keinerlei Belege gibt. Es beginnt ein Streitgespräch, um Meinungen und Fakten. Vermutlich ist genau das Teil des Konzepts. Ob die Referenten damit aber tatsächlich alle an diesem Tag erreichen, scheint fraglich.