Ein mutmaßlich rassistisch motivierter Angriff mehrerer Jugendlicher auf eine Familie aus Ghana in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern hat für Fassungslosigkeit und Empörung gesorgt.
Ein mutmaßlich rassistisch motivierter Angriff mehrerer Jugendlicher auf eine Familie aus Ghana in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern hat für Fassungslosigkeit und Empörung gesorgt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb am Sonntag im Kurzbotschaftendienst X von „dumpfem Hass und unfassbarer Unmenschlichkeit“. Eine Achtjährige und ihr Vater waren bei der Attacke vom Freitag verletzt worden. Zugleich ereignete sich seit Freitag in verschiedenen Bundesländern mehrere weitere rechtsextremistische Vorfälle.
„Meine Gedanken und Solidarität gelten den Kindern und ihren Familien“, schrieb Faeser. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) teilte ebenfalls im Kurzbotschaftendienst X mit, sie sei „aufgewühlt davon, dass in unserem Land Kinder angegriffen werden“. Diese „abscheuliche Tat“ müsse rasch Konsequenzen haben. „Rassismus und Gewalt sind widerlich.“
Am Freitagabend hatten laut Polizei mehrere Jugendliche aus einer Gruppe von etwa 20 jungen Menschen heraus zwei Mädchen einer Familie aus Ghana im Alter von acht und zehn Jahren attackiert. Einer der Angreifer trat der Achtjährigen demnach ins Gesicht. Als die Eltern der Kinder dazu kamen, wurden auch sie angegriffen. Der Vater der Mädchen wurde leicht verletzt.
Nach Angaben der Polizei in Rostock bestand die Gruppe ausschließlich aus jungen Menschen im Heranwachsenden- und Jugendalter. Nach ersten Erkenntnissen beteiligten sich bis zu acht von ihnen an den Attacken auf die Familie. Noch nach Eintreffen der Einsatzkräfte seien rassistische Beleidigungen geäußert worden, erklärte die Polizei. Sie ermittelt nun unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung.
Über das Wochenende wurden aus Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern zudem eine ganze Reihe weiterer rechtsextremer Vorfälle gemeldet, häufig in Zusammenhang mit Veranstaltungen zur Fußballeuropameisterschaft. In Rostock-Warnemünde riefen Menschen am Freitagabend nach einer Public-Viewing-Veranstaltung am Bahnhof rechtsextremistische Parolen. Dabei kam es nach Angaben der Beamten auch zu gewaltsamen Übergriffen auf Einsatzkräfte. Mehrere Täter hätten unter anderem versucht, einem Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen.
Hitlergruß bei EM-Veranstaltung in Bremen
In Bremen zeigte ein 29-Jähriger bei einer Public-Viewing-Veranstaltung zur EM in der Nacht zu Samstag laut Polizei den Hitlergruß und sang „Ausländer raus“ zu dem wegen derartiger Vorfälle bekannten Partyhit „L’Amour toujours“. Aus der Gruppe des Mannes und seiner zwei Begleiter heraus wurde demnach zudem „eine judenfeindliche Parole“ gerufen. Gegen den 29-Jährigen wird nun wegen Volksverhetzung ermittelt.
In Schwerin sollen etwa 20 Männer am Samstag auf einer Brücke den Hitlergruß gezeigt haben. Wie die Beamten in Rostock in der Nacht mitteilten, wurden sie von einer Zeugin alarmiert. Nach deren Angaben stellten sich die Verdächtigen „oberkörperfrei“ auf und wurden von einer offenbar zu ihnen gehörenden Frau dabei aufgenommen.
Bei einem Fest in Penkun in Mecklenburg-Vorpommern wurde in der Nacht zu Samstag nach Polizeiangaben ein 24-Jähriger von mehreren Unbekannten durch Schläge verletzt, womöglich aus fremdenfeindlichen Gründen. Zugleich soll es bei der Veranstaltung ebenfalls zu „Ausländer raus“-Rufen gekommen sein. Ein Zusammenhang sei nicht ausgeschlossen, hieß es. Der Staatsschutz ermittelt.
Weitere Zwischenfälle im Saarland
Weitere Zwischenfälle gab es im Saarland. In St. Wendel skandierte laut Polizei am Freitagabend eine größere Gruppe im Umfeld einer Gaststätte volksverhetzende Parolen und zeigte den Hitlergruß. Beamte stellten acht Verdächtige im Alter von 16 bis 27 Jahren fest. In der Nacht zu Samstag riefen in einer Kneipe in Schiffweiler vier Menschen ausländerfeindliche Parolen und zeigten den Hitlergruß.
„Rassisten trauen sich heutzutage wieder, lauter und hemmungsloser zu hetzen“, sagte die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), dem Berliner „Tagesspiegel“. „Dem muss eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft und ein wehrhafter Rechtsstaat konsequent und mit voller Härte Einhalt gebieten.“