Wenn Kinder schnarchen, sind häufig die Gaumenmandeln zu groß. Sie sollten aber nur zur Hälfte entfernt werden. Dies wird nun auch von vielen Kassen bezahlt.

Stuttgart - „Kissing tonsils“, sich küssende Mandeln, hört sich ganz nett und harmlos an. Doch dahinter verbirgt sich eine mitunter lebensbedrohliche Vergrößerung der Gaumenmandeln – wenn sie so groß werden, dass sie sich berühren, spricht man von den küssenden Mandeln. Bei Kindern kann man das hören: Sie schnarchen, je größer die Mandeln, desto lauter. Und wer genau hinhört, bemerkt auch die damit verbundenen Aussetzer der Atmung, die sogenannte Schlafapnoe. Atempausen jedoch sind bei der Atmung nicht erwünscht, denn die Versorgung mit ausreichend Sauerstoff ist für alle Organe des menschlichen Körpers lebenswichtig. Die Folgen dieses unruhigen und wenig erholsamen Schlafes äußern sich bei den Kindern auch bei Tag: Sie sind quenglig, können sich nicht konzentrieren. Die Leistungen in der Schule nehmen ab, und in ihrer Freizeit sind sie lustlos. Außerdem können riesige Mandeln auch der Grund für häufige Mittelohrentzündungen sein – als Folge kann Schwerhörigkeit entstehen. Möglicherweise wirken sich die dicken Mandeln im Gaumen auch auf die Sprache aus. Die betroffenen Kinder reden, als hätten sie einen Kloß im Hals. Auch das Schlucken wird schwerer, das Kind mag nichts mehr essen. Nach Angaben der Charité in Berlin leiden in Deutschland bis zu fünf Prozent aller Kleinkinder unter zu großen Tonsillen.

 

Immer mehr Kassen übernehmen die sanfte OP

Es liegt daher nahe, die Mandeln zu entfernen. Die vollständige Entfernung nennt man Tonsillektomie. Sie gehört zu den häufigsten Operationen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Bei dieser Operation bleiben die Kinder länger in der Klinik, vor allem, weil die Gefahr einer Nachblutung besteht. Allerdings setzt sich mittlerweile eine sehr viel schonendere Methode durch, die sogenannte Tonsillotomie. Bei diesem Verfahren werden die Mandeln nur zur Hälfte gekappt. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Kinder noch am selben Tag wieder in ihre gewohnte Umgebung nach Hause dürfen und die Gefahr von Nachblutungen sehr viel geringer ist. Bisher mussten Eltern dieses sanfte Verfahren selbst bezahlen, doch immer mehr Kassen übernehmen inzwischen die Kosten. In einigen Bundesländern beispielsweise zahlt die Barmer GEK die teilweise Entfernung, die AOK Baden-Württemberg übernimmt ab sofort die ambulante Teilentfernung.

Diese Methode ist nicht nur sanfter, sie hat enorme Vorteile für die Entwicklung des Kindes, vor allem für ein funktionierendes Immunsystem. Denn die Mandeln sind Teil des körpereigenen Abwehrsystems und übernehmen vor allem bei Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren eine wichtige Kontrollfunktion. Die Mandeln bilden die zentrale Einheit des sogenannten lymphatischen Rachenrings. Alles, was geschluckt oder durch den Mund eingeatmet wird, muss an den Tonsillen vorbei. Schädliche Stoffe werden dabei erkannt, die Mandeln sind durch ihre Lage gewissermaßen die Wächter des Immunsystems.