Das Strahlentherapiezentrum am Krankenhaus geht im Juli in Betrieb. Ein Linearbeschleuniger dringt direkt zum kranken Gewebe vor.

Leonberg - Das Herzstück wird auf einer großen Palette angeliefert. Langsam und vorsichtig, birgt es doch hochsensible Technik. Das Hightech-Gerät kommt ins Gebäude und verschwindet hinter einer fast drei Meter dicken Mauer.

 

Die ist auch nötig, um die Außenwelt abzuschirmen. Denn beim Herzstück handelt es sich um einen Linearbeschleuniger. Und der steht im künftigen Zentrum für Strahlentherapie direkt neben dem Krankenhaus. Schon in zwei Monaten werden hier Tumore behandelt. Der Linearbeschleuniger gehört zur modernsten Technik, die im Kampf gegen Krebs derzeit angewandt wird. Seine Strahlen durchdringen das gesunde Gewebe und entwickeln die therapeutische Wirkung erst im Tumor selbst.

Sieben-Millionen-Euro-Projekt

Schnitte und Narkosen sind nicht mehr nötig. Deshalb können die meisten Behandlungen ambulant durchgeführt werden.

Jürgen Schöffler und Viktor Thiessen sind erkennbar stolz auf den zweigeschossigen Neubau, der im Schatten des Krankenhauses kurz vor der Vollendung steht. Ersterer ist der Leiter der Medizinphysik bei der Gesellschaft für Interdisziplinäre Strahlentherapie (ISP). Sein Kollege ist Facharzt für Strahlentherapie und wird die Leonberger Einrichtung leiten. Beide steuern das Sieben-Millionen-Euro-Projekt, das die Privatfirma hier investiert.

Hauptsitz der Strahlentherapie ist in Niefern-Öschelbronn im Enzkreis, eine weitere Einrichtung liegt in Böblingen. Schon vor mehr als drei Jahren hatte der ISP-Geschäftsführer Josef Hoen festgestellt, dass die Kapazitäten an beiden Standorten nicht mehr ausreichend sind.

Patienten zurückholen

Dass für ein weiteres Behandlungszentrum nur Leonberg in Frage kommt, lag für den erfahrenen Medizinmanager auf der Hand. „Wir haben sehr viele onkologische Patienten, die wir in Böblingen an Stuttgarter Häuser verloren haben“, erklärte Hoen im Juli 2016 im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die wollen wir nun mit einem Strahlentherapiezentrum in Leonberg halten.“

Und nicht nur das. Josef Hoen rechnet mit zusätzlichen Patienten aus den Bereichen Pforzheim und Ludwigsburg. Schließlich werde die Leonberger Strahlentherapie neben jenen in Heidelberg und Stuttgart die modernste in ganz Baden-Württemberg, kündigt der ISP-Chef an.

2,75 Meter dicke Mauer

Tatsächlich ist der Neubau nach den neuesten Standards angelegt. Im Eingangsbereich gibt es eine Diskretionszone, daneben drei Arztzimmer. Der Computertomograf, ein bildgebendes Verfahren der Radiologie, ist speziell für die Strahlentherapie geeignet. Der übergroße Tisch mit dem Patienten fährt in die Röhre hinein.

Gesteuert wird das Verfahren von einem Schaltraum aus, erklären Jürgen Schöffler und Viktor Thiessen. „Früher wurde die Behandlung durch eine Glasscheibe verfolgt, heute geschieht das mit Videokameras, mit denen die Patienten zielgerichtet beobacht werden können.“

Der Linearbeschleuniger selbst steht in einem streng geschützten Behandlungsraum hinter einer vier Tonnen schweren Tür und einer 2,75 Meter dicken Mauer. Die Tür ist ein neues Modell und vergleichsweise leicht. Frühere Ausfertigungen haben 20 Tonnen gewogen. Die Mauer wiederum ist so breit, dass ein Arbeiter dachte, er stünde in einem Raum, als die Mauer noch im Hohlzustand war.

Noch keine Kooperation mit dem Krankenhaus

Solch hochkomplexe Medizingeräte lassen sich nicht mal eben in ein paar Stunden aufstellen. Fachleute sind damit noch bis zum Ende der Woche beschäftigt. Bis der Linearbeschleuniger kalibriert und justiert ist, dauert es weitere vier Wochen. Erst dann kommt der TÜV zur Abnahme, und das Regierungspräsidium erteilt die atomrechtliche Genehmigung.

Eine enge Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus liegt buchstäblich nahe. Zwar hatte Noetzel, der Chef des Klinikverbundes, die Ansiedlung der privaten Anlage öffentlich gelobt. Doch eine konkrete Kooperationsvereinbarung gibt es nicht. „Wir beginnen aber jetzt mit der Kontaktaufnahme“, sagt Jürgen Schöffler von der ISP.