Der Nobelpreis für Medizin geht an den Schweden Svante Pääbo, der bis heute in Deutschland forscht. Die Preisvergabe ist ein weiterer Beleg dafür, dass der hiesige Forschungsstandort besser ist als sein Ruf, meint unser Kommentator.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Der Medizin-Nobelpreis für den Paläogenetiker Svante Pääbo löst bei manchen Beobachtern Kopfschütteln aus. Hatte Alfred Nobel nicht festgelegt, dass jene Forscher ausgezeichnet werden sollen, die der Menschheit „im verflossenen Jahr“ den größten Nutzen gebracht haben? Gemessen daran hätte der Preis eigentlich an die Pioniere der mRNA-Technik gehen müssen, die uns in Rekordzeit Corona-Impfstoffe bescherte.

 

Doch wieder einmal hat das Nobel-Komitee anders entschieden als erwartet– und dafür auch gute Argumente. Denn Pääbo hat entscheidend zum Verständnis der Evolution des modernen Menschen beigetragen. Zunächst ergibt sich daraus zwar kaum ein unmittelbarer medizinischer Nutzen. Doch das Wissen um die Neandertaler-Gene in unserem Erbgut kann zum Beispiel helfen, physiologische Vorgänge in unserem Körper und damit zusammenhängende Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln.

Seit jeher legt das Nobel-Komitee den Schwerpunkt auf Grundlagenforschung – die oft erst die Basis für nützliche Anwendungen in der Zukunft schafft. Und auf diesem Feld braucht sich Deutschland nicht zu verstecken. Dass der Schwede Pääbo die meiste Zeit hier geforscht hat und weiter forscht, zeigt, dass die Bedingungen für Grundlagenforschung bei uns nicht so schlecht sein können, wie manche beklagen. Nicht umsonst gingen im Vorjahr auch die Preise für Chemie und Physik in Teilen nach Deutschland.