Zahnärzte bieten gerne die sogenannte Professionelle Zahnreinigung an, kurz PZR. Doch sie gehört zu den sogenannten IGEL-Leistungen, die Kassen nicht bezahlen. Untersuchungen zeigen: gutes, richtiges Zähneputzen ist mindestens so gut.
Stuttgart - Gesunde, saubere Zähne gibt es nicht umsonst. Wer nicht bereit ist, den Preis dafür schrubbend im eigenen Badezimmer zu entrichten, so wird es von vielen Zahnärzten gelehrt, muss eben in der Praxis bar für die Dienstleistung bezahlen. Für 40 bis 130 Euro sorgt dann die Zahnarzthelferin für gepflegte Verhältnisse im Gebiss. Aber ist diese sogenannte professionelle Zahnreinigung, kurz PZR, wirklich ihr Geld wert? Der Igel-Monitor des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDS) äußerte daran vor Kurzem seine Zweifel. Wie viele andere vom Patienten in der Regel selbst zu bezahlende Leistungen stellte er auch die PZR auf den Prüfstand.
Das Ergebnis: kein Zahnarzt könne einem gesunden Patienten versprechen, dass er ihm für das viele Geld etwas Gutes tue – weil es schlichtweg niemand wisse. „Dass eine professionelle Zahnreinigung einem zahngesunden Patienten nützt, lässt sich wissenschaftlich nicht belegen“, sagt auch Elmar Hellwig, Chef der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie an der Freiburger Uniklinik. Das erstaunt nicht.
Nur wenige Wochen Ruhe vor Keimen
Denn selbst die gründlichste Praxishelferin kann dem Kunden durch die Entfernung seiner Zahnbeläge nur wenige Stunden Ruhe vor den Bakterien in seinem Mund verschaffen. Nach zwei Stunden sitzen laut Christof Dörfer, dem Direktor der Kieler Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, die ersten Bakterien wieder auf dem Gebiss. Spätestens nach sechs Wochen sind sie wieder in der Lage, ihr zerstörerisches Werk zu beginnen: Dann können sie eine Gingivitis auslösen, eine Entzündung des Zahnfleisches, welche wiederum als Parodontitis auf den darunter liegenden Zahnhalteapparat übergreifen kann. Die Kariesgefahr kann die PZR nicht senken – nachgewiesen ist allerdings, dass die meist damit verbundene Fluoridierung der Zähne (mindestens zweimal jährlich) vor Karies schützt.
Selbst zwei PZR im Jahr verschaffen dem Gebiss also höchstens zwölf Wochen Ruhe – von insgesamt 52. Viel wichtiger ist deshalb, das konnte der Schwede Anders Hugoson vor wenigen Jahren zeigen, dass man sich selbst gründlich die Zähne putzt. Er bewies, dass es für das Zahnfleisch kein Unterschied ist, ob sich junge Erwachsene einmal im Jahr von ihrem Zahnarzt in Sachen Zahnpflege schulen lassen oder ob sie zusätzlich sechsmal (!) im Jahr eine PZR erhalten. Die Wahrscheinlichkeit, unter einer Gingivitis zu leiden, war gleich groß. Die Erkrankung trat aber bei beiden Gruppen deutlich seltener auf als bei ungeschulten Patienten. „Wer eine gute, schulmäßige Zahnpflege konsequent durchhält, der braucht keine PZR “, sagt auch Christof Dörfer. „Das schafft allerdings bei Weitem nicht jeder.“
Bei jedem zweiten bis dritten Deutschen finden sich Anzeichen einer moderaten Parodontitis und damit Zeichen einer unzureichenden Zahnhygiene. Einer Gingivitis kann man laut Studien noch selbst mit der Zahnbürste Herr werden, bei einer schweren Parodontitis gelingt das jedoch nur selten. Zwischen Zahnfleisch und Zähnen haben sich Spalten und Taschen gebildet, in denen nur der Zahnarzt die bakteriellen Plaques entfernen kann – was dann allerdings von den Kassen übernommen wird. Weitere professionelle Zahnreinigungen im Anschluss, die Ärzte wie Hellwig empfehlen, müssen aber selbst bezahlt werden. Besonders häufig erkranken Raucher, Diabeteskranke, Immungeschwächte und ältere Menschen an einer solchen Entzündung. Für sie kann es sich laut Experten auch im Vorfeld lohnen, sich bei der Zahnhygiene vom Fachmann helfen zu lassen. Denn eines räumen selbst Kritiker ein: die PZR mag dem Geldbeutel nicht guttun, der Gesundheit schadet sie nie.