Um medizinische Hilfe dorthin zu bringen, wo sie am dringendsten benötigt wird, hat der Landkreis Esslingen eine mobiles, komplett ausgestattete Untersuchungs- und Behandlungszimmer auf vier Räder gesetzt.

Esslingen - Um die Flüchtlinge, die in Massenquartieren vorläufig untergebracht sind, besser zu betreuen, schickt der Landkreis Esslingen eine mobile Arztpraxis auf den Weg. In dem auf Mercedes-Basis aufgebauten vierrädrigen Warte- und Behandlungszimmer sitzt der Malteser Hilfsdienst (MHD) als Kooperationspartner am Steuer. Das inklusive der Ausstattung rund 115 000 Euro teure Gefährt ist am Mittwoch vorgestellt worden. Es wird nach einem festen Fahrplan die mit je 300 Flüchtlingen belegten Sporthallen in Nürtingen und Kirchheim sowie die Gemeinschaftsunterkünfte in Aichtal und die Blumenhalle von Ostfildern anfahren.

 

„Wir bewegen uns mit dem Fahrzeug und mit dem Versuch, eine medizinische Basisversorgung gleich vor Ort anzubieten, in mehrfacher Hinsicht auf absolutem Neuland“, sagt der Esslinger Landrat, Heinz Eininger. Neuland, weil ähnliche Konzepte in der Bundesrepublik bisher noch nicht erprobt worden sind. Neuland, weil der vom Aalener Spezialfahrzeug-Spezialisten Strobel nach den Vorstellungen des MHD entwickelte Kleinbus auch für den Hersteller das erste seiner Art ist. Neuland aber auch, weil die Frage der Finanzierung noch nicht abschließend geklärt ist. Entgegen der bisherigen Praxis, wonach die Kosten für jeden erkrankten Flüchtling individuell erstattet worden sind, werden die Kosten der mobilen Arztpraxis mit dem Malteser Hilfsdienst pauschal abgerechnet. Bisher ist der Landkreis Esslingen damit in Vorleistung gegangen.

Über die Kostenübernahme wird noch verhandelt

„Ich hoffe und erwarte, dass das Land dieses effiziente Vorgehen akzeptiert und die Kosten, die dem Landkreis entstehen, entsprechend erstattet“, sagt Eininger. Das Ansinnen hat der Kreischef auch schon schriftlich formuliert. Die Antwort der baden-württembergischen Landesregierung steht seinen Worten zufolge allerdings noch aus. Effizient ist das Vorgehen nach Einschätzung des Esslinger Kreischefs auf dreierlei Weise. Einerseits verbessert es die medizinische Versorgung der Flüchtlingen, die sich erfahrungsgemäß schwer tun, im Umfeld dicht belegter Massenquartiere zeitnah Termine in den umliegenden Praxen der niedergelassenen Ärzte zu bekommen. Dann gibt der direkte Zugang zu den Patienten den Ärzten die Möglichkeit, Ansteckungsherde schnell zu isolieren, bevor es zu flächendeckenden Infektionen kommt. Und schließlich spart die mobile Arztpraxis im Idealfall bares Geld.

EKG und Ultraschalluntersuchung möglich

„Wir können dank der EKG- und der Ultraschall-Ausstattung Beschwerden bessern diagnostizieren und beugen so einer unnötigen und teuren Krankenhauseinweisung vor“, sagt Jochen Herkommer, der als einer von rund 30 Ärzten die Sprechzeiten abdecken wird. Während sich die auf Honorarbasis arbeitenden Mediziner abwechseln, gehört der aus Syrien geflüchtete Chirurg Khaled Shamsi zum Stammpersonal. „Khaled Shamsi hat schon bei der Betreuung der Flüchtlinge in den Messehallen in Leinfelden-Echterdingen unschätzbare Dienste geleistet“, sagt Marc Lippe, der MHD-Rettungsdienstleiter. Besonders wertvoll sei der syrische Mediziner, weil er nahezu alle Dialekte aus den klassischen Flüchtlingsregionen beherrsche.

Neben dem Malteser Hilfsdienst ist auch das Deutsche Rote Kreuz in die medizinische Versorgung von Flüchtlingen im Landkreis eingebunden. Das DRK betreut die vorläufig in den Heimen in Plochingen, Leinfelden-Echterdingen, Hochdorf und Weilheim untergebrachten Menschen – ebenfalls kompetent vor Ort, wenngleich auch ohne mobiles Behandlungszimmer.