Kommentar: Ob Hubschrauber, Kliniken oder Pflegepersonal – überall gibt es Probleme. Doch das Gesundheitswesen wird zusehends von Sparprogrammen geprägt, nicht von medizinischen Notwendigkeiten.

Gleich drei regionale Schlagzeilen in dieser Woche belegen, wie es um die Zukunft der Gesundheitsversorgung vor Ort bestellt ist - nicht zum besten. Fangen wir mit jenem Thema an, das in und um Leonberg seit Monaten für viel Gesprächsstoff und noch mehr Aufregung und Unverständnis sorgt: die unsichere Zukunft des Rettungshubschraubers Christoph 41.

 

Wer in der Leonberger Innenstadt lebt oder arbeitet, hat mit ihm dauerhaft zu tun. Vier bis fünf mal am Tag startet er vom Krankenhaus, um oft schwer verletzte Menschen so schnell wie möglich zur Klinik zu bringen. Nicht nur die Mediziner in Leonberg oder Sindelfingen sind froh, dass dank eines Helikopters die Zeiten zwischen Unfall und Erstbehandlung sehr kurz sind. Auch Chefärzte aus den Stuttgarter Kliniken haben in den vergangenen Wochen mehrfach auf die Bedeutung des Rettungshubschraubers in unserer belasteten Region hingewiesen, von Rettungsexperten aus dem DRK, dem THW oder der Feuerwehr ganz zu schweigen.

Schwarz-Grün exekutiert Vorgaben

All das interessiert die grün-schwarze Mehrheit im Landtag nicht. Sie exekutiert blind das, was das federführende Innenministerium vorgibt: Christoph 41 soll Richtung Neckar-Alb verlegt werden, um dortige Versorgungslücken zu schließen. Dass sich dadurch im Ballungsraum Stuttgart mit zwei Autobahn-Drehkreuzen eine viel größere Lücke auftun wird, interessiert nicht. Die nahe liegende Variante, im Raum Reutlingen/Tübingen einen zusätzlichen Hubschrauber zu installieren, wird nicht einmal in Erwägung gezogen. Das würde ja Geld kosten.

Geld kostet auch die Flugfeldklinik, und zwar immer mehr. Wurden vor fünf Jahren Kritiker, die für den Neubau zwischen Böblingen und Sindelfingen Gesamtkosten jenseits der 500 Millionen Euro befürchteten, als Schwarzseher abgetan, so ist seit dieser Woche von 621 Millionen Euro die Rede. Die 78 Millionen Euro, die ein neuer Verwaltungstrakt kostet, sind da gar nicht mitgerechnet. Tendenz steigend.

Kreis muss neue Kredite aufnehmen

Das sei nur ein Puffer, um am Ende nicht mit einem finanziell zu kurzen Kleid dazustehen, heißt es beschwichtigend aus dem Landratsamt. Außerdem wird auf die weltweite Krise verwiesen, die alles teurer macht. Stimmt! Genau deshalb ist zu befürchten, dass es bei den 621 Millionen Euro auch nicht bleiben wird.

Der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hält sich angesichts der Kostenexplosion mit der Zusage weiterer Finanzspritzen bedeckt. Der Kreis muss also Kredite aufnehmen. Nur nebenbei: Wir reden immer von Steuergeldern.

Bleibt genug für die kleinen Kliniken?

Ob bei alledem genügend übrig bleibt, um kleinere Kliniken wie Leonberg so auszustatten, dass hier weiterhin eine gute Medizin in einem Einzugsgebiet von mehr als 150 000 Menschen sichergestellt ist, muss zumindest angezweifelt werden. Die Befürchtungen, die vor acht Jahren in der heftigen Diskussion um das sogenannte Medizinkonzept für den Landkreis Böblingen angeführt wurden, dürften wieder lauter werden.

Letztlich ebenfalls ums Geld geht es auch im letzten Fall. In der Notaufnahme des Klinikums Ludwigsburg beklagen die Mitarbeiter menschenunwürdige Zustände, sowohl für die Patienten wie auch für die Beschäftigten: Patienten, die bis zu zehn Stunden in der Notaufnahme verbringen müssen, sterbende Menschen und ein völlig überlastetes Personal. Solche Schreckensszenarien machen deutlich, was sich hinter dem Schlagwort Pflegenotstand verbirgt – wenn einfach zu wenig Personal vorhanden ist.

Es rächt sich immer mehr, dass die Rettung, Behandlung und Pflege von Menschen zusehends ein Fall für die Controller wird. Ausbaden müssen es die Patienten und Pflegebedürftigen, bezahlen müssen es wir alle.