Im Marienhospital beschäftigen sich 150 Ärzte mit misslungenen Schönheitsoperationen. Die Zahl an schlechten OP-Ergebnissen nimmt zu.

Stuttgart - Was hilft nach einer missratenen Schönheitsoperation? Diese Frage stellen sich von heute an 150 plastische Chirurgen aus aller Welt im Stuttgarter Marienhospital. Während des Medizinertreffens werden acht Menschen an Bauch, den Lidern, der Nase oder der Brust operiert, denen eines gemeinsam ist: alle leiden unter den Folgen einem misslungenen ästhetischen Eingriff. Alle acht Operationen werden live in die Aula des Marienhospitals übertragen.

 

Initiator des Kongresses ist der 61 Jahre alte Wolfgang Gubisch, einer der Direktoren des Zentrums für Plastische Chirurgie am Marienhospital und Präsident der Vereinigung der deutschen ästhetisch-plastischen Chirurgen. Er ist einer der schärfsten Kritiker seines Berufsstandes. "Es geht um sehr viel Geld, da trauen sich viele Leute sehr viel zu", sagt der Nasenspezialist Gubisch. Die Folge: seriöse plastische Chirurgen haben es zunehmend mit voroperierten Patienten zu tun. Gubisch rechnet vor, dass inzwischen 40 Prozent seiner Patienten andernorts mit schlechtem Ergebnis an der Nase operiert worden seien. "Die Fälle werden immer schwieriger." Was Gubisch und Kollegen dann vorfinden, ist nicht schön: Nach der Korrektur von Schlupflidern kann es sein, dass die Augen unterschiedlich groß sind und sich nicht mehr schließen lassen. Nach einer Brustverkleinerung oder einer Bauchstraffung kann der Körper aussehen wie eine Kraterlandschaft. Nach dem Abtragen eines Nasenhöckers kann es sein, dass die Patienten schlecht Luft bekommen.

Sechs misslungene Schönheitsoperationen - für viele Tausend Euro

Die 52 Jahre alte Monika Müller (Name geändert) ist nach sechs missglückten Operationen ins Marienhospital gekommen. Die Frau aus Bayern hatte eine verkrümmte Nasenscheidewand und Probleme bei der Atmung. Die medizinisch notwendige OP verband sie mit einem ästhetischen Eingriff, der ihr eine schmälere Nase brachte. Nach einigen Jahren aber senkte sich die Nasenspitze so stark ab, dass die Nase aussah "wie von einem Boxer eingeschlagen", wie Müller erzählt. Die 52-Jährige ließ sich von dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt nachoperieren, wechselte zum ersten plastischen Chirurgen, dann zum zweiten, und zahlte viele Tausend Euro. Alles was passierte, war, dass sich die durch die Operationen verursachten Höcker zwar verschoben, aber nicht verschwanden. Stattdessen kehrten die Atemprobleme zurück.

Ebenfalls ein gebranntes Kind ist die Modedesignerin Sabine Schmitt (Name geändert), die unter ihrer platten Nase litt, in der Schule gehänselt wurde, sich in der Pubertät nicht in die Disco traute. Mit 16 Jahren ließ sie sich von einem plastischen Chirurgen operieren, der ihr auch gleich eine Kieferfehlstellung beseitigte. Letzteres gelang, die neue Nasenspitze aber war unnatürlich nach oben gekrümmt. Schmitt litt an ihrer Nase wie zuvor.

Für den Chefarzt Gubisch ist genau das ein Problem der ästhetischen Chirurgie: der große Bauchladen, den viele Kollegen im Angebot haben. "Ich kann nicht an einem Tag eine Nase operieren, am nächsten Tag einen Hintern vergrößern und am übernächsten am Kinn Fett absaugen und davon ausgehen, dass ich alles gleichermaßen gut kann." Er fordert von seinen Kollegen deshalb eine stärkere Spezialisierung.

Kritik übt der Stuttgarter Chirurg außerdem an der Ausbildung, die bis jetzt nicht sicherstelle, dass die Ärzte genügend Operationserfahrung mitbrächten. "Es fehlt an Gelegenheiten zu operieren, was freilich auch daran liegt, dass sich niemand eine Schönheitsoperation, für die er selber zahlt, von einem unerfahrenen Arzt machen lassen möchte."

Gubisch hat sich deshalb innerhalb der Fachgesellschaft für die Einführung von OP-Kursen zu bestimmten Gebieten starkgemacht: zwei Tage zum Thema Bauchverschönerung, zwei Tage zur Nase, zwei Tage Brust, je nach Interessengebiet. Gubisch: "Wir brauchen ein größeres Bewusstsein für Qualität und weniger schöne Versprechen in Hochglanzbroschüren."

Wann zahlt die Kasse?

Grundlage Die Krankenkassen zahlen in der plastischen Chirurgie einen Eingriff nur dann, wenn dieser der Funktionsverbesserung dient. Alle anderen Eingriffe werden als kosmetisch gewertet und damit muss der Patient selber zahlen. Im Bereich der Nase zahlt die Kasse beispielsweise dann, wenn eine starke Krümmung vorliegt und diese zu einer schlechten Durchlüftung und einer hohen Infektanfälligkeit führt. Die Operation hat allein den Zweck, die Durchlüftung der Nase zu verbessern. Stört sich der Patient nur an der Krümmung, ohne dass diese die Atmung beeinträchtigt, gilt dies als kosmetischer Eingriff. Die Wertung aber kann je nach Land variieren. In Deutschland kommen Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Straffung der durch den Gewichtsverlust herabhängenden Haut auf. Dies ist in den Vereinigten Staaten ausgeschlossen.

Schönheitschirurgie Der mit Abstand häufigste Eingriff in der ästhetischen Chirurgie ist die Brustvergrößerung bei Frauen. Insgesamt geht der Trend hin zu nicht-invasiven Eingriffen, die keine Operation erfordern, die aber, wie Gubisch warnt, ebenfalls schief laufen können. Die Kosten für eine Brustvergrößerung liegen zwischen 3000 und 6000 Euro, beim Facelifting liegt die Spanne grob bei 5000 bis 10.000 Euro.