13 Spanier sind nach einer Netzhautoperation auf einem Auge erblindet. Ein Medizinprodukt der Firma Alamedics aus Dornstadt soll schuld sein. Die Firma verweist allerdings auf den falschen Einsatz des Produkts.

Madrid/Dornstadt - Im Dezember letzten Jahres erfuhr Mikel González aus Renteria im spanischen Baskenland, dass sich die Netzhaut seines linken Auges ablöste. Eine Operation sollte Abhilfe schaffen. Zwei erste Eingriffe brachten nicht den erhofften Erfolg. Am 2. Juni dieses Jahres legte er sich zum dritten Mal unters Messer. Am nächsten Tag sah er auf dem operierten Auge nichts mehr. Eine Woche später sagte ihm der behandelnde Arzt: „Setz dich hin, ich habe schlechte Nachrichten.“ Er werde auf seinem linken Auge nie wieder sehen können. „Er erklärte mir, dass sich eines der Produkte als toxisch herausgestellt habe und den Sehnerv und die Netzhaut geschädigt hat“, berichtet der 44-jährige González im Gespräch mit der spanischen Zeitung „El País“.

 

González ist einer von mindestens 13 spanischen Patienten, die mutmaßlich durch den Einsatz eines in Deutschland hergestellten Medizinprodukts während einer Netzhautoperation auf einem Auge erblindet sind. Das berichtete an diesem Freitag die Direktorin der spanischen Arzneimittelagentur AEMPS, Belén Crespo. Insgesamt habe es in ganz Spanien 41 „Vorfälle“ nach dem Einsatz eines Perfluoroctans – einer flüssigen chemischen Verbindung – unter dem Handelsnamen Ala Octa gegeben. Es handele sich um „einen der gravierendsten Fälle gesundheitlicher Schäden”, die Spanien in den vergangenen Jahren zu beklagen habe, sagte Crespo.

Die AEMPS zog das Mittel Ala Octa bereits Ende Juni in ganz Spanien aus dem Verkehr, nachdem ihr die ersten Erblindungen aus dem Baskenland gemeldet worden waren. In der Zwischenzeit hat die Arzneimittelagentur alle Verdachtsfälle aus ganz Spanien gesammelt. Nicht alle betroffenen Patienten verloren komplett das Augenlicht, müssen aber mit erheblichen Beeinträchtigungen ihrer Sehkraft leben.

Die Herstellerfirma Alamedics aus Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) kennt die Probleme. Am 13. Juli dieses Jahres gab das Unternehmen eine „dringende Sicherheitsinformation“ heraus, die es über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verbreiten ließ. Wegen der Fälle in Spanien und einem weiteren Fall in Italien rufe man drei mutmaßlich betroffene Chargen von Ala Octa zurück, so die Ankündigung. In der Mitteilung versprach Alamedics eine „Analyse des Herstellprozesses“, um der Ursache der Schädigungen auf den Grund zu gehen.

In einer Presseerklärung vom Montag legt der Alamedics-Geschäftsführer Christian Lingenfelder nahe, die Erblindungsfälle könnten mit der falschen Operationsmethode oder auch der „postoperativen Medikamentenversorgung“ zu tun haben. Die im Juli angekündigten Analysen von Produktchargen, die unabhängige Testlabors vorgenommen hätten, zeigten keinerlei Verunreinigung. Auch die „Biokompatibilität“ sei gegeben. Die Suche müsse deshalb „in den Kliniken weitergehen“. Es sei „hinreichend bekannt“, so Lingenfelder, dass „schwere Flüssigkeiten, sofern sie zum Einsatz kommen, noch während des chirurgischen Eingriffs wieder komplett aus dem Auge entfernt werden müssen“. Das Unternehmen kenne jedoch „mindestens einen Fall“ aus Spanien, wo das Produkt für eine Woche im Auge belassen worden sei.

Auch das spanische Gesundheitsministerium lässt das Mittel in einem Labor in Valladolid untersuchen. Doch bisher ist nicht bekannt geworden, auf welche Weise Ala Octa die behandelten Patienten erblinden ließ, statt ihnen zu helfen, ihr Augenlicht zu retten. Der Hersteller Lingenfelder fordert, die Untersuchungen müssten die „exakten Beschreibungen der Patientensituation nach der Operation“ einschließen.