Beinahe 128 000 Autos fahren täglich auf der A 81 zwischen Ludwigsburg und Zuffenhausen. In den Sommerferien sind es deutlich weniger. Die Arbeiten sind dennoch eine Herausforderung – und nichts für schwache Nerven. Ein Besuch auf der Baustelle.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Nur eine kleine Mauer, vielleicht 30 Zentimeter hoch, trennt die Bauarbeiter von den vorbeirauschenden Autos und Lkw. Wenn einer der 40-Tonner hupt, fährt es einem durch Mark und Bein. Nur die Bauarbeiter scheint es nicht zu stören. Sie sind es gewohnt und arbeiten stoisch weiter. 128 000 Fahrzeuge rollen Tag für Tag in Richtung Heilbronn oder Singen über die Autobahn 81. In den Sommerferien sind es schätzungsweise 20 Prozent weniger. Aber immer noch mehr als genug.

 

Das Kreuz wurde in den 1970er Jahren umgebaut, nun wird wieder großflächig saniert. Neue Auf- und Ausfahrten, neuer Belag. Auch ohne Baustelle staut sich der Verkehr am Knoten häufig. „Deshalb gehen solche Arbeiten nur in den Ferien“, sagt Ronald Stolz vom Baureferat West des Regierungspräsidiums Stuttgart. Der Sachgebietsleiter Erhaltung ist Herr über die riesige Baustelle zwischen Ludwigsburg-Nord und Zuffenhausen. Wer der Blechlawine auf der Autobahn 81 zwischen Ludwigsburg-Süd und Zuffenhausen so nahe – 1,40 Meter sind zwischen Baumaschine und Lkw-Aufleger Platz – erlebt, der versteht, warum auf den beiden rechten Spuren nur 60 Kilometer pro Stunde erlaubt sind. Auch wenn es sich im Auto anfühlt, als ginge es kaum voran.

Bei Regen können sich die Arbeiten verzögern

Mit gerade einmal fünf Metern pro Minute schiebt sich der sogenannte Asphaltfertiger kurz vor dem Autobahnkreuz Zuffenhausen vorwärts. Mit dem Ungetüm wird die oberste Schicht des neuen Straßenbelags, die sogenannte Deckschicht, aufgetragen. Es stinkt nach Bitumen, die schwarze klebrige Masse dampft, obwohl es annähernd 30 Grad Lufttemperatur hat, der frische Asphalt ist aber noch einmal gut 110 Grad heißer, wenn ihn das weiße Monster ausspuckt. Fünf Walzen fahren direkt hinter dem Fertiger her. Solange das Material 100 Grad oder heißer ist, kann es noch verdichtet werden. Tags zuvor hat es in Strömen geregnet. „Da hat es natürlich keinen Sinn gehabt, weiter zu arbeiten. “ Aber kein Problem – im Zeitplan sei man trotzdem. Auf den 4,2 Kilometern zwischen Möglingen und Münchingen liegt neuer Asphalt. Auch die Auffahrt Ludwigsburg-Süd, die einige Wochen gesperrt war, wird in dieser Woche wieder frei gegeben.

Lesen Sie hier: So teuer wird die Sanierung des Engelbergtunnels

Der nächste Lkw mit frischem Asphalt rollt heran. Es piepst, wenn auch direkt neben der Autobahn kaum hörbar, als er sich rückwärts dem Fertiger nähert. Die Straßenbauarbeiten sind eine logistische Meisterleistung: 2500 Tonnen Asphalt, 60 Lkw-Ladungen, werden am Tag verarbeitet. Drei Werke liefern den neuen Belag, auf dem die Autos später rollen. 200 Meter weiter kommt man bislang nur mit Bagger oder großen Geländefahrzeugen gut durch. Die rechte Spur, auf der später die Autos von der B 10 aus Richtung Stuttgart auf die Autobahn fahren werden, liegt noch der Schotter, teilweise dicke Brocken. Dieser Teil der Strecke, auf dem die Autos später von der B 10 aus Richtung Stuttgart auf die A 81 in Fahrtrichtung Leonberg fahren können, soll zum Ende der Sommerferien fertig sein. Genauso wie die Ausfahrt von der A 81 nach Vaihingen. Aber noch liegt hier nur Schotter, nebenan wird gebaggert.

Die nächste Baustelle ist schon in Sicht

Zur Fahrbahnmitte hin gibt der Straßenquerschnitt die Geheimnisse des Asphalts preis. Eine kleine Wissenschaft. Denn die Deckschicht macht mit vier Zentimetern nur den kleinsten Teil aus. Über dem Schotter liegen noch die sogenannte Tragschicht (22 Zentimeter) und die Binderschicht (acht), die die Bremskraft aufnimmt – und so dafür sorgt, dass die Autos anhalten. Wer sich als Autofahrer schon einmal über holprige Kreuzungen gequält und sich gewundert hat, warum es gerade vor Ampeln so scheint, als hätte sich der Asphalt in sehr zähflüssiges Gummi verwandelt, in das sich die Autoreifen graben: an diesen Stellen ist die Binderschicht hinüber. So weit war es auf der A 81 eigentlich noch lange nicht. Acht bis zwölf Jahre hält Asphalt in der Regel. Der Grund, warum er jetzt schon ausgetauscht wird, ist eine Baustelle rund zehn Kilometer südlich: Von 2020 an wird der Engelbergtunnel fünf Jahre lang renoviert. Das Regierungspräsidium wollte einen Verkehrskollaps auf der einzigen Nord-Süd-Autobahnverbindung in der Region verhindern und zog die Arbeiten vor. Vielen Pendler dürfte es mittlerweile wie eine halbe Ewigkeit vorkommen, dass auf der Strecke gebaut wird. Dabei sind es eigentlich mehrere Baustellen: Nach und nach wurden Teile der A 81 von Feuerbach in Richtung Ludwigsburg erneuert. Erst auf der Ost-, dann auf der Westseite. Die Baustelle wanderte.

Innerhalb von Baustellen steigt das Unfallrisiko

Ronald Stolz zeigt nach rechts auf eine fast fertige Brücke, die leicht nach rechts abknickt. „Damit haben wir angefangen“, sagt der 43-Jährige. Zwischen Februar und Oktober des vergangenen Jahres wurde die neue Auffahrt von der B 10 auf die A 81 errichtet. Kosten: 1,7 Millionen Euro. Hinzu kommen 4,8 Millionen für die Straßenarbeiten am Autobahnkreuz Zuffenhausen und 4,4 Millionen für den Abschnitt Möglingen zwischen Ludwigsburg-Nord und Zuffenhausen. Stolz spricht trotzdem von einer „mittelgroßen Baustelle“. Von 50 Millionen Euro aufwärts an werde es erst richtig groß.

Aus unserem Plus-Angebot: Darum stehen die Deutschen so gerne im Stau

Hinter dem 43-jährigen Bauingenieur, der in Remseck wohnt, hupt der Fahrer eines silberfarbenen Mercedes. Sein Vordermann hat seiner Meinung nach zu stark gebremst. Wild gestikulierend wechselt er mitten in der Baustelle auf die linke Spur. Beinahe kracht er mit einem Peugeot zusammen. Teilweise kann Stolz den Ärger der Autofahrer verstehen, trotzdem wünscht er sich vom ein oder anderen ein wenig mehr Geduld. Unfälle gebe es auf der Strecke schon genug. „In Baustellen gibt es mehr Unfälle, die glücklicherweise aufgrund geringerer Geschwindigkeiten meist weniger schwerwiegend sind“, sagt Stolz. Wenn es in den Ferien in der Woche „ein bis zweimal kracht, dann ist das leider nicht ungewöhnlich.“ Die Zahl der Kollisionen zu reduzieren, haben die Planer bei ihren Überlegungen immer im Kopf.

„Was mache ich mit den ganzen Autos, die schon da sind?“

Stolz steht an der B 10 auf der Brücke über die Autobahn und schaut nach Süden. An dieser Stelle seien vor der Sanierung besonders viele Unfälle passiert, weil Autos von der Einfädelspur direkt nach links gezogen hätten. „Bei Häufungen sind wir in Austausch mit der Polizei und der Verkehr wird zu Spitzenzeiten beobachtet“, sagt Stolz. Nun trennt eine Betonmauer die Fahrzeuge, die auf die Autobahn wollen, von denen, die bereits darauf fahren – und die Einfädelspur wurde verlängert. Unter der B 10-Brücke wurde der sogenannte Verflechtungsstreifen abgeschafft – jene Spur, von der Fahrzeuge sowohl auf die Autobahn auf- als auch von ihr abfahren. Eine weitere Maßnahme für mehr Sicherheit. Vor 25 Jahren – soweit versuchen Verkehrsplaner in die Zukunft zu schauen – habe es eben bei weitem nicht so viele Fahrzeuge auf den Straßen gegeben, sagt Stolz. Deshalb müsse man nun die Verkehrsführung an vielen Stellen anpassen – bei laufendem Verkehr. Auf der grünen Wiese zu bauen, sei nicht vergleichbar. „Die Herausforderung ist immer: Was mache ich mit den ganzen Autos, die schon da sind?“ Sie umzuleiten sei in Zuffenhausen aber gut gelungen.

Auch Mensch, Maschinen und Material zu koordinieren, ist eine Herausforderung. Die Baustelle ist „Just-in-time“ getaktet. Während an einer Stelle noch geteert wird, werden weiter hinten schon die neuen Fahrbahnmarkierungen aufgemalt und die Schallschutzwände wieder aufgebaut. „Das ist ein echter Stress und ein immenser Druck für die Arbeiter. Die sind auch froh und stolz, wenn sie nach sechs Wochen fertig sind“, sagt Stolz. Die Autofahrer auf der A 81 sicherlich auch.