Mega! Mega! im Keller Klub: Da ist „reiner Größenwahn“ angekündigt und Indie soll ja eh voll auf die Zwölf gehen. Während des Konzerts denkt man dann an verschwitzte Discoabende der Nullerjahre und was aus dieser Musik geworden ist.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - In den Nuller-Jahren hatte Gitarrenmusik in den Clubs die Oberhand. Gefeiert wurde auf Indie-Pop, man trug enge Hosen und die Männer ließen die Haare so wachsen, dass sie sie in schöner Regelmäßigkeit stilvoll aus dem Gesicht wischen konnten. Es war vielleicht das letzte Mal, dass synthesizerfreie Musik weit vorn war. Und dass man bis zum Letzten darauf abtanzte. Gib ihm!

 

Mega! Mega! wollen dieses Versprechen auf ein intensives Leben auch im Jahr 2013 einlösen. Im Stuttgarter Keller Klub geht’s los, Auftakt für die Deutschland-Tour. Indie? Die in den Nullerjahren in einschlägigen Diskotheken zelebrierte Art von Ich-power-mich-heute-mal-voll-aus-Hedonismus ist mittlerweile von der elektronischen Musik gekapert worden. Auch wenn da nicht eine Stunde bis zum Letzten, dafür aber gern tagelang getanzt wird.

Angekündigt ist „reiner Größenwahn“

Das Programm bei dem Auftritt von Mega! Mega! im Keller Klub muss also auf maximalen Output in jeglicher Hinsicht getrimmt sein. Schließlich ist „reiner Größenwahn“ angekündigt. Mega! Mega! liefern aber genau das nicht: Sie sind vielmehr vier sehr sympathische junge Musiker, die äußerst stilsicher, aber auch in der Routine des musikalisch Etablierten jene hinlänglich bekannte Art von Discorock / Indie / Nu Rave / Wasauchimmer spielen, zu der man sich seit Jahren auspowert. Sie sind nur ein Stück weniger ulkig als die Vorband Susanne Blech, die teilweise noch Masken trägt und damit ein Stück näher dran ist an den jüngsten Entwicklungen in Sachen Musik der kontrollierten Entgleisung.

Das ist kein Tadel: Die Musik von Mega! Mega! ist einwandfrei produziert; die Band vermittelt ganz ausdrücklich Spielfreude und ist durchweg tanzbar. Die Speerspitze von Pop und auch Indie ist aber längst weiter, innovative Bandmusik knarzt, sie setzt auf Elektronik und Abwechslung in der Rhythmusgruppe. Oder vielleicht einfach auf Wohlklang, so wie jüngst Junip in den Wagenhallen. Auch könnten Mega! Mega! viel mehr aus ihren zwei Gitarren machen; die meisten Songs sind so arrangiert, dass man gar keine zweite Klampfe bräuchte.

Indie ist inzwischen funktional

Indie hat weiterhin seine Berechtigung, Partyreihen wie den Karrera Klub gibt es schließlich weiterhin. Die Musik ist aber nicht nur längst etabliert, sondern inzwischen eher funktional; man kann dazu immer noch abgehen und das ist ihr einziger Zweck. Aber das gilt vor allem fürs Wochenende, für die langen Indie-Nächte in – wichtigste Voraussetzung – vollen, lauten, verrauchten Clubs.

Im Keller Klub ist es hingegen Mittwochabend, vor der Bühne steht ein alters- und stilmäßig gut gemischtes und überaus aufmerksames Publikum, nur keine Masse an Menschen. Mega! Mega! selbst haben so eine Situation auf sympathische Weise in ihrem im April erschienenen Video zum Song „Lieutnant Pumpe“ eingefangen. Wer am Mittwochabend im Keller Klub nicht dabei war, sollte sich das Video ansehen. So ungefähr war es nämlich. Nur dass sich anders als im Video kein Mädel eine Dose Bier über das Top geleert hat. Euphorie ist dann wieder am Freitagabend.