Das Land leidet an der Krise in Griechenland. Aber das ist nicht der einzige Grund für die Probleme. Zyperns kommunistischer Staatschef hat das Land in Rekordtempo heruntergewirtschaftet.

Larnaca - Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am heutigen Freitag zum Treffen der Europäischen Volkspartei nach Zypern fliegt, dann reist sie geografisch an die äußerste Peripherie der Europäischen Union. Politisch aber steht die Inselrepublik so sehr wie selten im Mittelpunkt des Interesses – allerdings unrühmlich. Zypern ist der neue Krisenherd der Eurozone.

 

Früher dachte man beim Wort „Zypernkrise“ an den Versuch Griechenlands, die Insel im Sommer 1974 zu annektieren, und die dadurch provozierte türkische Invasion, die zur Teilung führte. Heute ist es die desolate Finanzlage des Eilands, die Europa alarmiert. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker warnt bereits, die Situation Zyperns sei „noch ernster als die Griechenlands“. Das lässt aufhorchen.

Einst galt das Land als Musterschüler

Ökonomisch ist Zypern ein Fliegengewicht. Die nicht einmal 800 00 Bürger tragen gerade mal 0,15 Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone bei. Überdies galt das Land 2004 bei der Aufnahme in die EU als eine Art Musterschüler. Keiner der damals im Rahmen der Ost-Erweiterung neu aufgenommenen Staaten schien wirtschaftlich so solide dazustehen wie Zypern. Allein die Inselteilung war ein Problem. Doch darüber sah die EU hinweg.

Man gab sich der Illusion hin, die Aufnahme des griechischen Inselsüdens werde helfen, die Spaltung zu überwinden. Eine Fehlvorstellung, wie man inzwischen weiß. Die Teilung der Insel geht tiefer denn je. Nüchtern betrachtet, ging die EU mit der Aufnahme des Inselsüdens auf eine Erpressung ein: Griechenland drohte seinerzeit damit, die Osterweiterung platzen zu lassen, wenn Zypern nicht mit dabei wäre.

Im Strudel der griechischen Krise

Dass die Verträge über die Ost-Erweiterung 2003 in Athen unterzeichnet wurden, war rückblickend kein gutes Omen. Nun gerät Zypern immer tiefer in den Strudel der griechischen Krise. Die Wirtschaft der Insel ist eng mit der Griechenlands verzahnt. Vor allem Zyperns Banken ist das starke Engagement im Nachbarland zum Verhängnis geworden. Sie mussten beim griechischen Schuldenschnitt bluten, erlitten Milliardenverluste durch faule Kredite und sollen nun mit Geldern aus dem Euro-Rettungsfonds rekapitalisiert werden. Dass die Institute gleichzeitig russische Schwarzgelder verwalten, deren Summe sogar das Bruttoinlandsprodukt der Insel übersteigen dürfte, macht die geplante Rettung mit Steuergeldern nicht appetitlicher.

Der kommunistische Inselpräsident Dimitris Christofias macht es sich allerdings zu einfach, wenn er die Ursachen der Krise allein bei den Banken sucht und Zypern zum Opfer eines Komplotts der Kapitalmärkte stilisiert. Der völlig überdimensionierte und unzureichend regulierte Bankensektor ist nur ein Problem von vielen.

Die Strukturen der Wirtschaft wurden konserviert

Zyperns Politiker haben nach dem EU-Beitritt zwar Gesetze verabschiedet, um Korruption und Geldwäsche einzudämmen. In der Praxis hat sich aber wenig geändert. Auch die Strukturen der Wirtschaft wurden konserviert statt modernisiert: Ein aufgeblähter Staatsapparat, reformfeindliche Gewerkschaften, unerschwingliche Sozialleistungen, politische Vetternwirtschaft – das alles kennt man bereits aus Griechenland. Hinzu kam 2008 die Wahl des Altkommunisten Christofias zum Staatschef. Er schaffte es, binnen zwei Jahren aus einem ausgeglichenen Haushaltssaldo ein Defizit von sechs Prozent des BIP zu machen und die Schuldenquote in fünf Regierungsjahren fast zu verdoppeln. Selten hat ein Politiker ein Land in so kurzer Zeit so abgewirtschaftet wie Christofias.

Die Politiker der Europäischen Volkspartei versammeln sich nicht zuletzt deshalb heute in Nikosia, weil sie ihrem zyprischen Parteifreund, dem Konservativen Nikos Anastasiadis, für die Präsidentenwahl am 17. Februar den Rücken stärken wollen. Aber Anastasiadis braucht eigentlich keine Schützenhilfe. Der Katastrophenpräsident Christofias tritt gar nicht erst zur Wahl an, er hätte auch nicht die geringste Aussicht auf eine zweite Amtszeit. Anastasiadis gilt als sicherer Gewinner. Umso mehr sollten seine europäischen Parteifreunde ihm heute ins Gewissen reden. Das bisherige Geschäftsmodell Zyperns ist nicht nur obsolet, es ist zu einer Gefahr für die Volkswirtschaft der Insel und für die Eurozone geworden. Wenn Zypern in Europa ankommen will, muss der Inselstaat seinen Kurs ändern, für mehr Transparenz sorgen, Strukturreformen umsetzen und mit Privatisierungen Staatsschulden abtragen.