Menschen mit einer Behinderung scheitern im Alltag häufig an Hindernissen, die es gar nicht geben müsste. Darum kümmert sich auch die ehrenamtliche Inklusionsvermittlerin von Leonberg.

Leonberg - Oft sind es kleine Dinge, die im Alltag als selbstverständlich hingenommen werden – da ein Treppchen, dort eine Stufe, hier ein hohe Bordkante. Doch für Menschen mit einer Behinderung sind das zuweilen unüberwindbare Hindernisse.

 

Ein Taster, der die Abfahrtszeiten der Busse vorliest

„Für Außenstehende scheinen es Details zu sein“, sagt Elisabeth Kolofon, die seit Herbst 2021 ehrenamtlich als Inklusionsvermittlerin für die Stadt Leonberg tätig ist. Sie weiß: „Sind Pflastersteine abgeflacht statt rund, sind sie mit Kinderwagen, Rollstuhl und Rollator leichter zu befahren, und ein Blindenstock verhakt sich nicht, sondern gleitet darüber. Ein Taster, der die Abfahrtszeiten an der Bushaltestelle vorliest, hilft nicht nur Blinden und Sehbehinderten, sondern auch Menschen mit Leseschwäche.“

Elisabeth Kolofon bringt die richtigen Menschen an einen Tisch, um die Stadt Stück für Stück barrierefrei zu gestalten. Als Mutter einer Tochter, die auf den Rollstuhl angewiesen ist, weiß die Inklusionsvermittlerin, wie schwierig es sein kann, sich in der Stadt zu bewegen. „Auch Menschen mit Behinderung muss es möglich sein, sich im öffentlichen Raum ohne fremde Hilfe zu bewegen“, erklärt Elisabeth Kolofon.

Barrierefreiheit schon beim Planen beachten

Damit dies gelinge, müsse bereits in der Planungsphase an Barrierefreiheit gedacht werden, denn nachträgliche Anpassungen seien in der Regel teuer. Um die Menschen an einen Tisch bringen, die für die Umsetzung zuständig sind und diejenigen, die aus eigener Erfahrung wissen, worauf es bei der Umsetzung ankommt, wurde auf Elisabeth Kolofons Initiative hin die „Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit“ ins Leben gerufen, die der Stadtverwaltung beratend bei Projekten zur Seite steht.

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Damit ein Bordstein für Rollstuhlfahrende barrierefrei ist, darf er maximal drei Zentimeter hoch sein. Blinde Menschen brauchen aber mindestens sechs Zentimeter, um die Hürde mit dem Blindenstock sicher zu erkennen. So etwas weiß Dietmar Böhringer. Auch er ist Teil der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit. Er war 36 Jahre lang Lehrer bei der Nikolauspflege Stuttgart, einer Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen. Böhringer kennt die Tücken und wird deutschlandweit als Berater für barrierefreie Mobilität hinzugezogen.

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„Das hier ist die ideale Bordsteinhöhe“, sagt er zufrieden, als er mit dem Zollstock die Bordsteinhöhe der Bushaltestelle am Leonberger Krankenhaus misst. „18 bis 22 Zentimeter sollte er hoch sein, damit man gut in den Bus einsteigen kann.“ An den Glasscheiben des Wartebereichs der Haltestelle sind zur Erkennbarkeit – nicht nur für sehbehinderte Menschen – kontrastreiche Kacheln in weiß und schwarz aufgeklebt.

Ein FSJ geht auch mit Down Syndrom

Elisabeth Kolofon ist auch Ansprechpartnerin für Bürgerinnen und Bürger: „Die Mutter einer Tochter mit Downsyndrom kam auf mich zu, weil ihre Tochter gerne ein Freiwilliges Soziales Jahr machen möchte. Hier konnte ich einen Kontakt ins Jugendhaus Warmbronn vermitteln.“

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Laufe das aktuelle Praktikum gut, habe sie die Möglichkeit, das FSJ im Anschluss dort zu machen. „So kann die junge Frau zeigen, dass sich auch Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft einbringen können. Gleichzeitig können die Kinder und Jugendlichen im Jugendhaus lernen, dass es vollkommen normal ist, verschieden zu sein.“

Bushaltestellen werden umgebaut

Um Barrieren im öffentlichen Nahverkehr abzubauen, beginnen am Mittwoch, 23. März, die Umbauarbeiten von 14 Bushaltestellen in Leonberg, zehn davon in der Kernstadt und vier in den Teilorten. Ziel ist, an diesen Haltestellen für alle einen barrierefreien Zu- und Ausstieg aus den Bussen zu ermöglichen. Dazu gehören unter anderem eine Bordsteinhöhe von 18 Zentimetern, die passenden Leitstreifen und sogenannten Aufmerksamkeitsfelder am Boden für blinde und sehbehinderte Menschen.

Von den Projektkosten in Höhe von 307 260 Euro werden etwa 75 Prozent vom Land Baden-Württemberg gefördert. Im Juli dieses Jahres sollen die Baumaßnahmen an den Haltestellen abgeschlossen werden.

Bei Fragen rund um das Thema Inklusion und Barrierefreiheit ist die Inklusionsvermittlerin Elisabeth Kolofon unter der E-Mail-Adresse inklusion@leonberg.de erreichbar.